In der Anlage erlaube ich mir Ihnen zwei Publikationen zu schicken, die in den letzten Monaten in Deutschland herausgekommen sind. Wenn ich mich nicht irre, haben Sie den Artikel "Metaphysik, Logik und die Theorie der Reflexion" bereits im Manuskript gesehen. Allerdings unter andrer Betitelung. Trotzdem möchte ich Ihnen die Arbeit gerne schicken, zumal da der gedruckte Text gegenüber dem Originalmanuskript etwas verändert ist. Ich habe noch Einiges über das Wesen der Reflexion hinzugesetzt, um dem Leser das deutliche Gefühl zu geben, dass das Phänomen des Reflektierens Eigenschaften zeigt, die mit den traditionellen ontologischen Kategorien unseres bisherigen Denkens nicht bewältigt werden können. Man kann zwar ein (angeblich) isoliertes Objekt zureichend ontologisch beschreiben. Und man kann überdies dieselben ontischen Kategorien mit derselben Genauigkeit auf sein reflektiertes Bild in unserem Bewusstsein anwenden (und in diesem Sinne hat man auch heute schon "Reflexion" mit den Mitteln der zweiwertigen Logik schlecht und recht beschrieben), wobei aber die uns bisher vertraute Logik völlig versagt, ist die Beschreibung der Distanz zwischen Bild und Abgebildetem. Der logische Terminus "Begriff" (Bild) hat überhaupt keinen Sinn, wenn man nicht eine distanzierende Unterscheidung zwischen Begriff und Begriffenem machen kann. Die klassische Metaphysik, die von der absoluten Identität von Begriff und begriffener Sache spricht, ist an dieser Stelle nichts weiter als unverbindliche Mythologie, weil sie die logische Relevanz des Phänomens der Distanzierung, auf der die Existenz von reflektierendem Bewusstsein beruht, einfach leugnet. Der Grund für diese Ignorierung des Reflexionsprozesses liegt darin, dass ein zweiwertiges Denken gar nicht imstande ist, Distanz zu sich selber zu haben. Folglich kann es einen solchen Begriff auch gar nicht formulieren und dann auf sein Verhältnis zu den Objekten anwenden. Der Begriff des logischen Stellenwertes, der Reflexionsdistanz repräsentiert, hat erst in einem mehrwertigen System einen Sinn. æ
Aus diesem Grunde kann auch - wie ich in meiner zweiten Beilage dem "Bewusstsein der Maschinen",[1] ausgeführt habe - die Kybernetik nicht mehr zureichend mit den zweiwertigen Mitteln der Aristotelischen Logik interpretiert werden. Denn wenn der Mensch heute allmählich beginnt seine Bewusstseinsfunktionen in einem electronic brain abzubilden, dann ist als Grundkategorie wieder das Phänomen der Reflexion involviert durch die jetzt entstehende Frage: wie unterscheidet sich eine "Bewusstseinsanalogie" im Mechanismus von dem Selbstbewusstsein, dass sie produziert. In diesem Sinn ist die Kybernetik die erste konsequente nicht-aristotelische Technik und dementsprechend nur mehrwertig analysierbar. æ
Der erste Band meiner Logik ist Ende Juni in der revidierten und gekürzten Form an den Meiner Verlag zurück gegangen. Herr Meiner schrieb mir, dass der jetzige Text etwa 530 Druckseiten umfassen wird. Die Drucklegung hat aber noch nicht begonnen, weil das Manuskript in der neuen Fassung der Deutschen Forschungsgemeinschaft noch einmal vorgelegt werden musste. Von dort ist es bisher nicht zurück gekommen. Durch meine Nierengeschichte hat sich leider alles sehr verspätet. Immerhin bin ich jetzt mitten in der Arbeit am zweiten Band.<div style="color: #000000; font-style: normal; font-weight: normal; margin-bottom: 0pt; margin-left: 0pt; margin-right: 0pt; margin-top: 0pt; text-align: justify; text-decorat