Joachim Castella

I.M.A.G.E.
Institut f�r Medienanalyse und Gestalterkennung

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Kontextur Diff�rance Kenogramm

Dekonstruktive Bemerkungen zur Symbol-Subsymbol-Debatte in der KI

In: Kybernetik und Systemtheorie - Wissenschaftgebiete der Zukunft? Hrsg. v. Institut f�r Kybernetik und Systemtheorie an der TU Dresden. Greven: Wessels, 1991, S. 103-128, � beim Autor.

Betrachtet man die gegenw�rtige Entwicklung innerhalb der KI-Forschung, so l��t sich der Eindruck einer gewissen Stagnation nicht leugnen. Zwar verzeichnet die pragmatische und industrielle Applikation in Robotik, Rechnertechnologie und Design Erfolg um Erfolg, doch steht diesem ingenieurwissenschaftlichen "spill" auf der konzeptionellen und grundlagentheoretischen Seite keine entsprechende Dynamik gegen�ber. Das "Heureka" der 50er und 60er Jahre, als man glaubte innerhalb von zwei Dezenien s�mtliche menschliche Kognitionsleistungen auf dem Computer nachvollziehen zu k�nnen, scheint in weite Ferne ger�ckt, anstelle von Euphorie ist in die Labors der Cheftheoretiker l�ngst die Politik der kleinsten Schritte eingezogen. Angesichts dieser Ern�chterung und im Hinblick darauf, dem ersehnten Durchbruch doch ein St�ck n�her zu kommen, scheint es sinnvoll, sich die beiden gro�en Paradigmata der KI zu vergegenw�rtigen, und dies insbesondere unter dem Aspekt, der mit dem Aufweis ihrer jeweiligen Verankerung innerhalb einer bestimmten philosophischen Tradition, Transparenz f�r ihre speziellen M�glichkeiten und Grenzen zu erreichen vermag.

1. SYMBOLVERARBEITUNG UND SUBSYMBOLISMUS - DIE KLASSISCHEN KONZEPTE

Standen am Beginn der 50ger Jahre noch zwei gro�e Paradigmata in parit�tischem Wettbewerb nebeneinander, so trat im Laufe der Zeit eines der Modelle nahezu vollst�ndig in den Schatten des anderen: Das von Newell/Simon begr�ndete Paradigma der Symbolverarbeitung (Physical Symbol System Hypothesis) hatte den Konnektionismus, der sich an der Modellierung des Gehirns orientierte, verdr�ngt.

Die Grundannahme der PSSH ist das trotz verschiedener Architektur gleiche Funktionieren von Gehirn und Computer, wenn beide auf bestimmten Abstraktionsgraden als Repr�sentations- und Relationsmechanismen von Symbolen verstanden werden. D. h. es wird als Pr�misse stipuliert, da� Denken und Verstehen von Welt sich als intrasystemische Abbildung externer Daten ereignet. Dabei ist nat�rlich nicht an eine schlichte Eins-zu-eins-�bertragung gedacht, sondern in der Tradition von Frege, Russell, Whitehead ein Transformationsgef�ge impliziert, mit Hilfe dessen sich komplizierte und komplexe Inhalte in atomistische Komponenten zerlegen lassen, welche dann der Symbolverarbeitung zur Verf�gung stehen. Das zentrale Stichwort ist damit in der Repr�sentation zu sehen, unabh�ngig davon, wie fein und subtil diese im Einzelfall auch konzipiert sein mag.

Den g�nzlich anderen Weg schlug der Konnektionismus ein, wenn er genau umgekehrt nicht von der Architektur abstrahierte, um allein mit den repr�sentierten Symbolen zu arbeiten, sein Interesse vielmehr der Architektur des menschlichen Gehirns galt. D. h. das Gehirn als neuronales Netzwerk wurde als Vorbild der Rechnerarchitektur genommen, um die im nat�rlichen Bereich vorgefundene Funktionweise zu modellieren. An die Stelle des manipulierbaren Symbols trat hier das Neuron, dessen laterale Anregung (oder Sedierung) innerhalb eines Netzes anderer Neuronen dann als Verhalten aufgefa�t wurde, womit dieses Netzwerk Verhaltensstrukturen aufweisen kann, die sich der expliziten Analyse a posteriori verweigern. Der Unterschied zwischen beiden Paradigmata l��t sich dahingehend pr�zisieren, da� ersteres ein statisches Modell letzteres als ein dynamisches begriffen werden kann. Denn auch wenn die Vertreter der Symbolverarbeitung nicht m�de werden zu versichern, ihnen gehe es um die logischen Strukturen, die zur Modulation von Symbolen notwendig seien, l��t sich dieser Zugang nicht als strukturaler erfassen. Dies insofern, als die repr�sentationelle Basis der PSSH sie zwangsl�ufig als eine substantialistische klassifiziert, d. h. die Grundvoraussetzung liegt in der unl�slichen Bindung an die Implementierung statischer Entit�ten, auch wenn diese dann, logischen Strukturen folgend, manipuliert werden.

Die Dynamik des Konnektionismus findet sich einerseits in der Freiheit, die man sich methodologisch gegen�ber dem Endprodukt einr�umt. Hier, wo man gegen�ber der PSSH das Pferd gleichsam von hinten aufz�umt, geht es gerade nicht darum, eine logische Struktur zu finden/zu implementieren, welche einem bestimmten Problem gewachsen ist, sondern darum, zu ergr�nden, welche Art von System eine bestimmte Eigenschaft entwickeln kann. Zum anderen liefert der Konnektionismus ein gegen�ber der PSSH dynamisches Modell, insofern hier in der Tat von einem strukturellen Zugang gesprochen werden kann, wenn neuronale Konnektivit�t vollst�ndig von substantieller Inhaltlichkeit abstrahiert, um auf das rein funktionale Interagieren und wechselseitige Aktivieren innerhalb des Netzwerkes zu sehen. Als drittes l��t sich eine st�rkere Dynamik in der systemimmanenten Anlage erkennen, welche nicht auf ein symbolgest�tztes Probleml�sen ausgerichtet ist, sondern ein eigenschichtliches Lernen der Maschine intendiert.

Ist dies die gro�e Alternative, in der die KI verfangen ist, so zeigt sich in der letzten Zeit eine zunehmende Hinwendung zum Konnektionismus, der �ber die Symbolverarbeitung in Gestalt des Neokonnektionismus, des parallel distributed processing, des biofunctional distributed learning and remenbering (BDLR), oder Hofstadters subkognitiver Mentalit�t statistischer Emergenz die �berhand gewinnt.

2. DER PHILOSOPHISCHE HINTERGRUND DER ALTERNATIVE

a) Repr�sentation und Identit�t

Ist dies in groben Z�gen eine Skizze der aktuellen Problematik, so lie�e sich an dieser Stelle eine Diskussion er�ffnen, die �ber das jeweilige F�r und Wider, �ber die pragmatischen Probleme und Vorteile aus der Sicht der mathematischen, logischen und informatischen Einzeldisziplinen f�r die jeweilige Position befindet. Doch w�re eine dergestalt immanente Er�rterung nur die Verl�ngerung eines sich bereits m�de gelaufenen Disputs mit anderen Mitteln, w�re wenig Erfolg versprechend, insofern sie den notwendigen qualitativen Sprung nicht erbr�chte. Dieser grunds�tzliche Perspektivenwechsel ist aber erforderlich, wenn darunter ein Verlassen der Immanenz dieser Alternative verstanden wird, zugunsten eines analytischen Blicks, der darauf sieht, welche traditionellen Konzepte sich innerhalb der einen wie der anderen Seite manifestieren. D. h. es handelt sich nicht um eine Art von Metadiskurs, sondern um ein Transzendieren des jeweiligen Standpunktes, das die Bedingungen und Konstituenten von denen her er sich ausformuliert selbst allererst zu konturieren vermag.

Eben dies tun Dreyfus und Dreyfus, wenn sie in ihrem Aufsatz "Sch�pfung des Geistes oder Modellierung des Gehirns?" die beiden theoretischen Konzepte ihrer philosophischen Anbindung zuf�hren.

Das hierbei zugrundeliegende Schema der Klassifikation verl�uft entlang jener disjunkten Vorstellung, die einerseits an die vollst�ndige Theoretisierbarkeit von Welt und Welterfahrung glaubt, bzw. andererseits sie in Abrede stellt, und die von dem Br�derpaar als die Alternative von Atomismus und Holismus etiketiert wird. Theoretisierbarkeit meint dann die grunds�tzliche M�glichkeit einer Formalisierung allen intelligenten Handelns, meint die reduktionistische Beschreibung mentaler Vollz�ge als eines komplizierten Relationsgef�ges distinkter Elemente, wie es sich in seinen Grundz�gen in der Leibnizschen Mathesis darstellt. Es handelt sich dabei insofern um eine atomistische Sicht, wenn eine ausreichende Akkumulation von Informationseinheiten sowie ein ad�quates Regelsystems zu deren Manipulation hinreichend ist, um das solcherart systematisierte Wissen einer Operationalit�t zuf�hren zu k�nnen. Die tiefsten Wurzeln dieses atomistischen Repr�sentationismus liegen in derjenigen Philosophie, die wie keine andere das Denken des Abendlandes gepr�gt hat, im Platonismus, dessen Konzeption von Idee und Teilhabe, von Urbild und Abbild die Grundlage jeglicher Repr�sentationsvorstellung bildet. So wie dort die realen Dinge nur als defiziente Erscheinungsweisen der intelligiblen Ideen, d. h. ihrer Urbilder auftreten, setzt sich dieses Schema fort, wenn Aristoteles diese Relation auf die Zeichentheorie, also auf Sprache transponiert. Von hier aus durchdringt die Abbildungstheorie in mehr oder weniger komplexer Form die gesamte Philosophie bis hin zu den subtilen Ausf�hrungen der Husserlschen "reinen Ph�nomenologie" mit ihrem Bezug von Noema (Inhalt) und Noesis (Bewu�tseinsakt), der sich mittels der Intentionalit�t gesichert wei�. In jedem Fall aber bleibt die Grundkonstruktion einer dualen, atomistischen und somit auch identit�tstheoretischen Sichtweise unber�hrt.

Die Vorteile eines solchen Repr�sentationalismus lassen sich deutlich in der relativ unproblematischen �berf�hrung in einen Formalismus erkennen, wenn die gesamte Welt als ein semantisches und syntaktisches System von Pr�dikaten und Verkn�pfungsregeln Eingang in den Kalk�l findet. D. h. der hohe Grad an Operabilit�t und eine dem Alltagsverst�ndnis auf den ersten Blick plausible theoretische Basis, die mit der Subjekt-Objekt-Spaltung das augenscheinliche Verh�ltnis von Mensch und Welt, von System und Umgebung widerspiegelt, lassen den Atomismus als �u�erst attraktives methotologisches Konzept eines maschinalen Nachvollzuges kognitver Leistungen erscheinen.

b) Der Abschied von der Welt

Doch gilt es, einen genauen Blick auf die dem Repr�sentationsdenken zugrundeliegenden Pr�missen zu werfen, um von hier aus die in ihm angelegten Implikationen einer Pr�fung zu unterziehen. Dies zu tun, bedeutet nichts weniger, als die gesamte philosophische Tradition einer Revision zu unterziehen, hei�t aber auch, um den Anspruch nicht dem Verdacht der H�resie auszusetzen, dem Denkweg Martin Heideggers nachzugehen, der sich diesem Unterfangen gewidmet hat. Die dabei zu verfolgende Leitfrage zielt dann darauf, wie das Innen des erkennenden Subjektes beschaffen sein mu�, um aus dieser Sph�re heraus �berhaupt zu seinem als "Au�en" konzipierten Gegenstand zu gelangen, und wie sich umgekehrt dieses "Au�en" neu konstituiert, wenn die erkennende Instanz des Subjekts eine neue Figuration erf�hrt.

Einer der Hauptangriffe der Heideggerschen Fundamentalontologie richtet sich gerade gegen die klassisch tradierte Subjekt-Objekt-Spaltung, innerhalb derer ein mit Bewu�tsein ausgestattetes, erkennendes Zentrum einer von dieser Instanz unber�hrten und unabh�ngigen Sph�re objektiven Seins gegen�bersteht. Dem klassischen Konzept zufolge existiert die Objektivit�t in stiller Gen�gsamkeit an sich, d. h. sie wird einerseits durch das erkennende Subjekt nicht affiziert, wie sie andererseits f�r alle Subjekte sich als die gleiche darstellt. Das Universum des Gesamtseienden ist unteilbar identisch mit sich selbst, es ist absolut und somit von jeder Stelle potentiell in gleichem Ma�e zu erschlie�en. Stellt sich nun aber die Frage, wie dieses externe Au�en f�r das Subjekt zug�nglich sein kann, bzw. wie das Subjekt den immanenten Raum seiner Erkenntnis �ffenen oder verlassen kann, um sich Wissen �ber die Welt anzueignen, dann h�llt sich die Tradition entweder in Schweigen, erkl�rt dies mit Kantischer Resignation als unm�glich oder vollf�hrt die wagemutigen Windungen des spekulativen Idealismus, der die wahre Welt kurzerhand aus dem Au�en in das Erkenntnisverm�gen selbst verlegt. Ist damit der Platonische Ideenhimmel in den Kopf des Philosophen transferiert, so bleibt die Frage, wie nun der Zugang zu der defizienten und minderwertigen Au�enwelt vorzustellen sei weiterhin im Dunkel.

Heideggers Kritik setzt genau am Konzept eines absoluten und als extern angelegten Weltbegriffs an, wenn er jenes Bild demontiert, das die Gesamtheit des Seienden in summa als Welt zeichnet. Er l�st die Statik dieses rein additiven Begriffs auf, wenn Welt jetzt als das Medium erscheint, innerhalb dessen Seiendes von der Art des Daseins (Subjekt) erkennt, wie es sich zu sich selbst und anderem Seienden verhalten kann. Dies deshalb, da das Dasein sich in der Transzendenz �ber das Seiende erst selbst zu konstituieren vermag, weil es sich im Verhalten auf die Welt hin erf�hrt als Seiendes, das sich selbst als ein Selbst gegeben ist. Ist das Dasein sich aber selbst gegeben, bedeutet dies nichts anderes, als da� es um seiner selbst willen existiert. Diese Erfahrung des Um-seiner-selbst-willen-Existierens macht das Dasein im �berstieg �ber das Seiende, d. h. in der Transzendenz auf die Welt hin. Damit wird die Welt, als der die um seiner selbst willen existierende Selbstheit offenbarende Grund, selbst zum "Worumwillen" des Daseins.

Wenn somit gezeigt ist, da� zum einen das Dasein um seiner selbst willen existiert, da� zum anderen aber die Welt als das 'woraufhin' des das Selbst distingierenden �berstiegs unl�sbar zur Selbstheit geh�rt, dann geht aus der Zusammenschau dieser beiden Linien hervor, da� die Welt in ihrem Wesen auf Dasein bezogen ist. Was besagt dieser wesenhafte Bezug, in dem Welt und Dasein stehen?

Da die Welt nicht mehr als das Gesamt alles Seienden verstanden wird, kann eine erste negative Bestimmung dahingehend vollzogen werden, da� in diesem Bezug nicht das Verh�ltnis des Daseins zu irgendeinem anderen Seienden bzw. zum Seienden der Welt als Totalit�t ausgedr�ckt ist. Wird dies also ausgeschlossen, so stellt sich die Frage, ob in dem Fall, in dem Welt nicht mehr als das Gegen�ber des Daseins begriffen wird, sie nicht ganz in das 'Subjekt' hinein f�llt, sie zu einem Ph�nomen der 'Subjektivit�t' verk�mmert. Diese Gefahr besteht jedoch nicht, insofern sich das, was als 'Subjekt' bzw. als Selbst des Daseins erkannt werden konnte, ja erst im �berstieg auf die Welt hin ergab, die Welt also nicht schon im Vorhinein im Dasein aufgehen kann.

Eben weil aber das Dasein sich als Selbst erst konstituiert, indem es qua Transzendenz auf sich selbst zur�ckkommt, kann das Weltph�nomen umgekehrt auch nicht unter den Objektbereich subsumiert werden, ginge damit das Dasein, das sich wesenhaft nicht den seienden Dingen zurechnen l��t, in der Ganzheit des Manigfaltigen auf.

Dies ist die ambivalente Spannung, in der der Weltbegriff der "Kritik der reinen Vernunft" schon ansatzweise stand, und dieses Oszilieren, in dem die Welt zwischen 'Subjekt'/Dasein und der Objektsph�re/je vorhandenes Seiendes hin und her schwingt, wird bei Heidegger nicht nach der einen oder anderen Seite hin aufgel�st, sondern in ihrer ganzen Spannkraft aufgenommen und im Konzept des In-der-Welt-Seins installiert.

Dies auf dem Weg, da� die Welt als dasjenige erkannt wird, was das Dasein sich selbst vor-stellt. Aus diesem sich vor-stellen, oder wie Heidegger es nennt dem "Vor-sich-selbst-bringen" der Welt erwuchs dem Selbst ja gerade die Kompetenz, sich als ein Daseiendes unter und gegen�ber anderem Seienden zu konstituieren. Dieser Proze� der Selbstkonstitution im "Vor-sich-selbst-bringen von Welt" er�ffnet in gleichem Ma�e dem so zu sich findenden Dasein erst einen Verhaltensspielraum, innerhalb dessen es sich zu dem als 'Nicht-Ich' erkannten Seienden ins Verh�ltnis setzen kann. D. h. das im �berstieg auf die Welt hin vollzogene "Vor-sich-selbst-bringen" generiert dem Dasein die grunds�tzliche M�glichkeit, auf die Welt als das Gesamt des Vorhandenen hin zu agieren.

Entwurf von Daseinsm�glichkeit ist Entwurf des "Worumwillen" des Daseins, das "Umwillen" aber ist, wie oben gezeigt, der Grundcharakter von Welt, weswegen der urspr�ngliche Entwurf der M�glichkeit des Daseins zusammenf�llt mit dem "Entwurf von Welt".

Die dem Dasein wesenhaft zukommende Struktur der Transzendenz, legt damit also den Grund daf�r, da� Seiendes sich sowohl als Vorhandenes/Objekt wie als Dasein/Subjekt �berhaupt zeigen kann. Damit ist deutlich, inwiefern Welt nicht mehr das statisch und objektiv dem Dasein gegen�bertretende All des Seienden sein kann, wird die Welt in dieser Konzeption des sich in der Transzendenz auf Welt hin vollziehenden Entwurfs in ganz eindeutige Abh�ngigkeit vom entwerfenden Dasein gebracht. Dieses Oszilieren von Welt, in der Mitte angesiedelt zu sein zwischen Seiendem als vorhandenem Objekt und Seiendem als Dasein, kommt zum Ausdruck, wenn Heidegger einerseits das Offenbarwerden von Seiendem als "Welteingang" beschreibt, was eine relative Autonomie und Pr�existenz impliziert, wenn auf der anderen Seite aber das Geschehen dieses Welteingangs als das Transzendieren des Daseins aufgefa�t wird, es also mit dem �berstieg zusammenf�llt.

Damit ist dem Weltbegriff jede Statik sowie jede Transzendenz im Sinne eines unerreichbaren Dinges an sich genommen, Welt wird existentiell an die Transzendenz des Daseins , d. h. an die im �berstieg sich vollziehende Ausdifferenzierung von Seiendem als vorhandenem Objekt und Seiendem als dem Dasein gegebenen Selbst gebunden, bzw. erweist sich das "In-der-Welt-sein" als Modus der zirkul�ren Konstitution von Welt und Dasein. Damit aber ist gleichzeitig deutlich, da� das Postulat der einen, f�r alle Subjekte identischen Objektivit�t nicht mehr aufrechterhalten werden kann, wenn Welt sich nun als die jeweilige Aktivierung eines konkreten und je speziellen Verweisungszusammenhanges darstellt. Hier also mu� die hinsichtlich der Formalisierung so erfolgreiche Abbildungstheorie versagen, insofern die unbedingt ben�tigte Basis einer universalen Objektivit�t zerbricht. Methodologisch tragen vielmehr die Konzepte der second order cybernetics, der Selbstorganisation oder des Konstruktivismus dem hier erreichten Erkenntnisstand Rechnung, indem sie zum einen die Relevanz des Beoachters f�r die Beobachtung konstatieren und zum anderen die Verk�rperung von Wirklichkeit ganz an Struktur und Organisation des sich in seiner Umgebung orientierenden Systems binden.

Erhebt sich nun die Frage nach den Konsequenzen dieser subtilen �berlegungen f�r die KI, so l��t sich zun�chst erkennen, da� die Hoffnungen einer auch nur ann�hernd vollst�ndigen Wissensaquisition der Daten �ber die Welt nicht nur pragmatisch unl�sbar ist, sondern grunds�tzlich nicht m�glich sein kann, da das geforderte Referenzobjekt "Welt" �berhaupt nicht existiert, Welt vielmehr im Agieren und Interagieren des Systems f�r dieses je sich permanent generiert.

Des weiteren, und hier wird das Konzept der identit�tstheoretischen Repr�sentation selbst demontiert, l��t sich das Postulat des atomistischen Symbols oder Zeichens nicht mehr l�nger aufrecht erhalten. Denn die Heideggersche Anerkenntnis der Welt als das "Um-willen" des Daseins kann als Extrapolation verstanden werden f�r eine neue, nicht mehr statische Semantiktheorie, sondern eine dynamische Er�rterung der Frage der Sinn- und Bedeutungsgenese, des Semiologie.

c) Das Denken wider die Identit�t

Vorbereitet wird diese Sichtweise von Ferdinand de Saussure, der die arbitr�re, aber noch immer substantialistische Zeichenkonstitution von Vorstellung und Lautbild �berwindet, indem er erkennt, da� der Sinn eigentlich aus den Unterschieden zwischen den Zeichen gestiftet wird. D. h. nicht die Pr�senz des Zeichens, sondern die zwischen den Zeichen wirkende Abwesenheit erw�chst zum eigentlichen Katalysator der Semiosis, wenn allererst die Differenz der Zeichen gegeneinander ihnen ihre Identit�t verleiht. Es ist die gleiche Denkbewegung, der Heidegger folgt, wenn er seine Ontologie der Allt�glichkeit exemplifiziert. Der Hammer enth�llt seinen wesenhaften Gehalt gerade nicht im deskriptiven Auflisten seiner Eigenschaften, also durch seine semantische Fixierung, sondern im Absehen von ihm selber, in dem ihn zum Verschwinden bringenden Gebrauch, dem H�mmern. Erst der umsichtige Gebrauch, die Umsicht, verleit dem Ding den Modus der Zuhandenheit und enth�llt seinen Verweisungszusammenhang, d. h. die Bez�ge seines Verweisens, seine Bedeutung.

Dieser Bewegung, die Heideggers Seinsanalyse durchzieht, und die innerhalb der Sprachphilosophie bei Saussure auftaucht, verleiht Jacques Derrida volle Geltung, wenn er ihr im Rahmen seiner Grammatologie in der Figur der diff�rance Gestalt gibt. Die Schwierigkeiten, die immer wieder Anla� zur Verunglimpfung Derridas geben, d�rfen ihren Ursprung wohl in der �u�ersten Komplexion sowie in der Unm�glichkeit einer positiven Definition des Ph�nomens der diff�rance finden. Da� sich die diff�rance dieser positiven Pr�dikation verweigern mu�, findet seinen Grund darin, da� sie das Geschehen auff�ngt, welches einerseits die Differenzen hervorbringt, wie andererseits deren Effekte zeitigt. Diff�rance erscheint somit als der metaphysische Name einer Wirkung, einer Spendung, die sich selbst der Benennung entziehen mu�, will sie nicht notwendig unter die durch sie erm�glichte Genese des Zeichens subsummiert werden. Verbleibt Saussure noch bei der alleinigen Feststellung, es gebe nur Unterschiede in der Sprache, so erw�chst mit der diff�rance ein Konzept der dialektischen Gr�ndung dieser Unterschiede, l��t sich mit der diff�rance das Geschehen denken, das, selbst �ber den Unterschied von Anwesenheit und Abwesenheit erhaben, die Gew�hr gibt, da� Sinn sich aus dem Abwesen her generiert, um Anwesenheit und Pr�senz Raum zu verleihen. Wenn die Logik des Unterschieds besagt, da� einen Unterschied zu markieren nur gelingen kann, wenn zuvor etwas als unterschiedlich erkannt wurde, und da� etwas als unterschiedlich zu erkennen des vorg�ngingen Unterschieds bedarf, dann besagt diese dialektische Gr�ndung von Unterscheidung und Unterschiedenem, bzw. die Selbstreferentialit�t des Unterschieds eben genau die sich vor der positiven Benennung ihrer selbst zur�ckziehende Struktur der diff�rance. Diff�rance ist nicht, diff�rance wirkt, beschreibt es Derrida als deutlichen Index f�r die asubstantielle Verfa�theit dieser Dynamik, deren Eigenart es gerade ist, sich in ihrem Wirken selbst zu verbergen. Denn dort wo das Geschehen der diff�rance sich einschreibt, entzieht sie sich der durch sie in sein Anwesen gelangten Pr�senz des Sinnes, und bleibt noch hinter dem von der Pr�senz verdr�ngten Abwesenden, das dennoch dessen Bedingung ist, als die Erm�glichung der dialektalen Vermittlung von An- und Abwesen virulent.

Es zeigt sich somit, da� die eingehende Kritik der von Dreyfus/Dreyfus als Atomismus bezeichneten Postion der PSSH kontinuierlich in die Diskussion der philosophischen Grundlagen des konkurrierenden Ansatzes der Netzwerktheoretiker einm�ndet. Denn wenn dort die unit als nicht mehr zu hintergehende Bedeutungseinheit mit Hilfe der bedeutungsfreien microfeatures aufgebrochen wird, so entspricht dies deutlich der soeben skizzierten Tendenz, Sinn nicht mehr l�nger an die identische Tr�gerschaft des Zeichens zu binden, sondern seine urspr�ngliche Lokation im Spiel der Differenzen, im dialektischen Gr�nden von An- und Abwesenheit, mithin nicht mehr l�nger im (identischen) Selben, sondern im Anderen auszumachen. Ebenso weist die Netzwerktheorie eine deutliche strukturelle Affinit�t zu den bei Heidegger, den Konstruktivisten sowie der second order cybernetics formulierten Vorbehalten gegen den Dualismus einer statischen und absoluten Welt auf, die dem ebenso statisch konzipierten Subjekt als das Objekt der Erkenntnis gegen�bergestellt ist. Denn wenn der einmalige, umfassende und nicht hintergehbare Input des Wissensingenieurs durch die dynamische Konnektivit�t rekursiv interagierender Prozesse ersetzt wird, dann entspricht dies der Destruktution einer unumst��lich vorgegebenen Au�enwelt durch die sich im Zusammenspiel von System und Umgebung je neu formierende Koppelung, welche dann immer f�r beide Komponenten strukturierende Funktion besitzt.

d) Die Verankerung des Systems in der Welt

Mit dieser wechselseitig das System wie dessen Umgebung aktual generierenden Koppelung ist aber nichts anderes angesprochen, als das Lernen des Systems, wenn mit Maturana/Varela darunter die Ver�nderung der Struktur des Systems verstanden wird, die zu einer Modifikation der Koppelung von System und Umgebung f�hrt. Anders gewendet erscheint Lernen als viable Ver�nderung struktureller Koppelung dann als der andauernde Vollzug der Autopoiese des Systems, wird somit zu einem rein dynamischen Paradigma, das der statischen Komponente eines Ged�chtnisspeichers nicht mehr bedarf. Insofern Lernen die gesamte Struktur des Systems betrifft, d. h. nicht mehr mit der Vorstellung einer engrammatischen Fixierung in einem subsystemischen Speicher verkn�pft wird, l��t sich mit Heinz v. Foerster dann umgekehrt postulieren, das Ged�chtnis sei �berall. Ged�chtnis wird damit zur Metapher f�r den jeweiligen Grad interner Struktur, der es dem System erm�glicht, sich unter Aufrechterhaltung seiner Organisation, in seiner Umgebung zu orientieren. Das aber bedeutet dann, da� autopoietische Systeme notwendig in der Gegenwart leben, sie somit nicht erinnern k�nnen im Sinne eines R�ckgriffs auf Vergangenes, sondern Erinnerung nun als die je vollzogene Aktualisierung struktureller M�glichkeit zur Koppelung hinsichtlich ihrer rekursiven Modifikation, d. h. der Fortsetzung ihrer Autopoiese, erscheint.

Wird in Bezug auf das mit seinen eigenen Interaktionen interagierende Netzwerk davon gesprochen, da� die F�higkeit, durch Verst�rkungen bzw. Abschw�chungen neuronaler Erregungen bestimmte Strukturen verfestigen bzw. verwerfen zu k�nnen, als Lernen bzw. Vergessen interpretiert werden k�nne, so geht aus den oben skizzierten Erw�gungen hervor, da� Lernen im Sinne einer Relation unterschiedlicher aufeinanderfolgender Verhaltensweisen einerseits eine Beobachterkategorie darstellt, sowie andererseits und in Folge dessen f�r das System selbst kategorial atemporal ist. Ist das System selbst sein Ged�chtnis und ist Lernen allein f�r den externen Beobachter eine Verhaltensmodifikation gegen�ber fr�herem Verhalten, so l��t sich Lernen f�r das System als die strukturelle Neuformation seiner selbst erfassen, d. h. ein System, das lernt, modifiziert sich unter Beibehalt der identit�tssichernden Organisation als ganzes.

Es zeigt sich somit, da� eine rein mechanistische Erkl�rung der Ph�nomene des Lernens, des Ged�chtnisses, der Erinnerung sich bruchlos an die von Heidegger projektierte Destruktion des dualistischen Subjekt-Objekt-Schemas anschlie�t, wenn System und Umgebung in isolierter Form sich allein f�r den Beobachter als unterscheidbare Entit�ten darstellen. Zwar mag es auf den ersten Blick gewaltsam erscheinen, Heideggers und Maturanas Ans�tze aufeinander abbilden zu wollen, jedoch zeigt ein zweites Hinsehen nicht nur deutliche Parallelen, sondern eine strukturelle Kompatibilit�t, die sich als zwar vollst�ndig unterschiedlich motivierte, jedoch konvergierende Zugangsweise verstehen l��t.

Die wechselseitige und wesenhafte Verwiesenheit von Welt und Dasein weist eben jene Struktur auf, die sich in der unaufl�sbaren Einheit gegenseitiger Generierung von System und Umgebung widerspiegelt. Gibt es dort Welt nur, wenn und solange Dasein sich ereignet, wie gleichzeitig und umgekehrt Dasein sich nur im Transzendieren auf Welt hin zu konstituieren vermag, so entspricht dieser Gleichurspr�nglichkeit die Unentscheidbarkeit der Zugeh�rigkeit der System-Umgebungs-Grenze. Strukturelle Koppelung erscheint dann als Ausdruck f�r die bilaterale Definition beider Dom�nen, die jedoch in ihrer distinkten Identit�t nur f�r den externen Beobachter erkennbar sind. Damit ist deutlich, inwieweit der etwa von Leidlmair und Lischka erhobene Anspruch, der Erfolg einer konnektionistisch orientierten KI sei in der Geschichtlichkeit ihrer Systeme zu finden, nicht nur grundlegende Bedingungen der Systemtheorie au�er Acht l��t, sondern dar�ber hinaus mit Heidegger als Kronzeugen gerade das von ihm �berwundene vulg�re Geschichtsbild reetabliert, wenn es in gleicher Weise als Basis f�r die Offenheit der Systeme f�r ihre Welt wie der sukzessiven Akkumulation eigener Erfahrung verstanden wird. Eine so verstandene Geschichtlichkeit w�re zum einen von einem operational geschlossenen System nicht zu realisieren, da es radikal in der Gegenwart beschlossen bleibt, w�re damit zum anderen maximal als Beobachterkategorie haltbar. Dar�berhinaus jedoch widerspricht der Versuch, mit Hilfe einer auf die absolute Zeitskala abbildbaren Geschichte, d. h. Zeitspanne des Systems, diesem so etwas wie sein In-der-Welt-sein zu erm�glichen, gerade dem von Heidegger mit der Geschichtlichkeit, mithin mit dem In-der-Welt-sein verbundenen Anarbeiten gegen das allt�gliche Verst�ndnis von Geschichte und Zeit.

Denn erscheint Geschichtlichkeit bei ihm als die Geschehensstruktur der Erstreckung des Daseins, d. h. der Einheit von Geworfenheit und Sein zum Tode, die als die Sorge ihren Grund in der Zeitlichkeit findet, so ist die Geschichtlichkeit des Daseins zwar auf seine zeitliche Verfassung verwiesen, jedoch nicht in dem Sinne, da� das Dasein zeitlich ist, weil es geschichtlich ist, sondern umgekehrt. Damit wird dann aber Geschichtlichkeit eigentlich auf Zeitlichkeit zur�ckgef�hrt, die ihrerseit erst die M�glichkeit der Zeitigung von (Welt)Zeit ist. Zeit so verstanden oszilliert einerseits zwischen totaler Objektivit�t, da sie erst die Bedingung der M�glichkeit des innerweltlichen Seienden ist, und totaler Subjektivit�t andererseits, da sie die M�glichkeit der Sorge als der Seinsart des um seiner selbst willen existierenden Seins bereitstellt. Damit verliert Zeit ihren absoluten Charakter, der sie auf die Funktion einer Skala der Me�barkeit reduziert, bzw. erscheint Zeitlichkeit als Grund des Seinssinns des Daseins, der Sorge. Zeitlichkeit ger�t dergestalt zur existenzialen Kategorie, in deren Horizont sich Geschichte ereignen kann, die als Seinsweise des Daseins, also des Seins zum Tode, ihre Wurzel wesenhaft in der Zukunft hat. Dies insofern, als allein das Dasein in der Lage ist, seinen eigenen Tod zu antizipieren und mit der Anerkenntnis seiner Geworfenheit und Endlichkeit seine Geschichtlichkeit zu gr�nden. Geschichtlichkeit meint aber dann nicht mehr l�nger die dem Dasein (System) bemessene Zeitspanne seiner Existenz, sondern die aus dem Vorlaufen in den Tod in die Existenz zur�ckfallende Entscheidung �ber die M�glichkeit seines Seins, das, sofern es sich in der sozialen Gemeinschaft und im Nebeneinander mit Vorhandenem ereignent, die M�glichkeiten seines In-der-Welt-seins bestimmt. D. h. das Aufsichzur�ckkommen der Antizipation des Todes, die Realiasation der Endlichkeit der Zeitlichlichkeit f�llt nicht zusammen mit der Geschichtlichkeit des Daseins, sondern stellt deren Grund dar, wobei sich Geschichte selbst dann ihrer Verweisstruktur auf Vergangenheit begibt, jetzt vielmehr das Geschehen der Existenz betrifft, wie es sich aus der Zukunft des Daseins her formiert.

So verstanden mag es zwar legitim sein, Geschichte und Geschichtlichkeit an die konkrete Gestalt des In-der-Welt-sein zu binden, jedoch d�rfte deutlich sein, da� ein solches In-der-Welt-sein komplexere Strukturen aufweist, als es die Implementierung eines Systems in einer nat�rlichen Umgebung leisten kann, wie dar�berhinaus Geschichte und Geschichtlichkeit des Daseins sich nicht n�hrungsweise in dem von Leidlmair propagierten Konzept der Geschichtlichkeit eines konnektionistischen Systems wiederfindet.

Denn ausdr�cklich setzt Leidlmair das autonome Sammeln von Erfahrung mit dem Aufbau einer eigenen Geschichte des System gleich, womit auf diesem Weg sukzessiv das In-der-Welt-sein des Systems generiert werden soll. Wenn aber