Es scheint vorerst als trivial zu erscheinen, wenn darauf hingewiesen wird, dass die Grundbegriffe der Informatik wie Information, Algorithmus, Logik wie auch Zustand, Prozess, Daten und Problemlösung auf einem vorausgesetzten Begriff des Zeichens basieren. Die Semiotik der Informatik wird in der Regel nicht zum Thema der Informatik selbst.
Das Denken vollzieht sich im Medium des Zeichengebrauchs. Die Semiotik als formalisierte Theorie des rationalen Zeichengebrauchs kennt nur die abstrakte Verknüpfung (Konkatenation/Substitution) von vorgegebenen Zeichen eines (beliebigen, endlichen oder unendlichen) Zeichenrepertoires, das allerdings formal auf zwei Elemente (Atomzeichen und Leerzeichen) reduziert werden kann. Das Zeichen als Zeichengestalt trägt sich im Denken aufgrund der Trägerfunktion der Materialität des Zeichenereignisses. Die Differenz von Zeichengestalt und Zeichenvorkommnis kommt in der Semiotik selbst nicht zur Darstellung; sie ist ihre verdeckte Voraussetzung.
Die Zeichengestalt verbraucht sich nicht im Gebrauch ihres Ereignisses. Der Modus der Wiederholung des Zeichens ist abstrakt und gründet sich auf der Abwesenheit des Subjekts und der Annahme der Unendlichkeit der Ressourcen (Raum, Zeit, Materie).
Damit wird die Minimalbedingung semiotischer Rationalität erfüllt wie sie von logischen Formalismen, proprammiertechnischen Schreibsystemen und Inskriptionen in der Materialität gefordert wird: truth is invariant under change of notation."
Der Prototyp jeglicher Operativität ist die Arithmetik der natürlichen Zahlen. Die Struktur der Arithmetik kennt Nachfolger und Vorgänger; jedoch keinen Nachbarn. Dies ist ihre Linearität. Zur Bestimmung der natürlichen Zahlen ist die Unendlichkeit des Operierens Voraussetzung. Ihre Einführung verdankt sie den Diensten einer Schrittzahl, die im Vollzug selbst von der Arithmetik nicht angenommen wird; damit sie bedient sie sich stillschweigend der Zirkularität. Denn sie definiert Zahlen mithilfe von Zahlen; dem entgeht auch keine Strategie von Unterscheidungen in Stufen und Typen der Konstruktion. Desweiteren verbleibt die Arithmetik im Abstrakten: die Unizität der Natürlichen Zahlen läßt sich nur bis auf Isomorphie und nicht auf Konkretion hin charakterisieren.
Entfällt das Ideal der Linearität und Unizität der natürlichen Zahlen, und kommen gleichursprüngliche Zahlensysteme als Nachbarsysteme ins Spiel, proömialisieren sich die Grundbegriffe der Arithmetik wie die Hierarchie von Kardinalität und Ordinalität, von Endlichkeit und Unendlichkeit wie insb. von Abstraktheit und Konkretheit.
So ist die Ordinalität einer natürlichen Zahl in der polykontexturalen Arithmetik nicht mehr einzig bestimmt durch ihre Nachfolgeroperation, sondern mit durch ihren Ort in der Tabularität.
Wenn auch Programme den Rahmen der Berechenbarkeit nicht sprengen, so ist es keineswegs trivial, dass eine konkrete Realisation eines Programmes auch programmgemäss funktioniert. Das Nicht-Funktionieren eines Programmes gehört nicht zu seiner Charakteristik. Ein Algorithmus terminiert oder er terminiert nicht, ein Programm funktioniert oder es funktioniert nicht - TND.
Nicht-terminierende Algorithmen sind in der Praxis für einen menschlichen Benutzer unbrauchbar, da er unendlich lange auf ein Ergebnis warten müßte. Dazu fehlt es dem Menschen an Zeit. Die Beschränkung auf terminierende Algorithmen ist somit anthropologisch fundiert - wie auch sonst?
Programme sind in ihrem Ablauf endlich, sollen jedoch beliebig oft, d.h. potentiell unendlich oft aufgerufen werden können. Wie für jeden Zeichengebrauch gilt auch hier: Das Programm verbraucht sich nicht im Gebrauch. Programme mögen enden, doch es ist ihnen nicht möglich zu ver_enden.
Für eine Spekulative Informatik ist es eine der grössten Herausforderungen, eine Konzeption von Programmierbarkeit zu entwerfen, die es Programmsystemen ermöglicht ver_enden zu können.
Das Ver_Enden solcher Programmsystemen ist eine Seinsmöglichkeit des Daseins dieser Systeme und steht damit jenseits der Unterscheidung von Termination und Non-Termination von Algorithmen oder von Funktionalität und Dysfunktionalität bzw. Defekt. Ein Programmsystem, das in der Lage ist zu ver_enden, wird von einer Logik und Arithmetik geleitet, in der weder die Endlichkeit noch die Unendlichkeit der Arithmetik leitend ist.
Ihre Prozesse sind ähnlich paradoxal definiert wie die Natürlichen Zahlen in ultra-finiten Arithmetiksystemen: Zu jeder beliebigen Zahl gibt es einen Nachfolger - dies definiert die potentielle Unendlichkeit dieser Zahlen - und zugleich gilt, dass es zu jedem Arithmetiksystem faktisch nicht-erreichbare Zahlen, absolute Obstakel, Enden gibt, die nicht überbrückbar sind - dies definiert die faktische Endlichkeit dieser Zahlensysteme. Jede Zahl solcher Zahlsysteme ist somit zugleich endlich wie unendlich und weder endlich noch unendlich.
Das mit dem Tod gemeinte Enden bedeutet kein Zu-Ende-sein des Daseins, sondern ein Sein zum Ende dieses Seienden." Martin Heidegger
Ein Computerspiel zu entwerfen, das mit der BenutzerIn eine lebenslange Interaktion und Ko-Kreation eingeht, das sie begleitet, mit ihr wächst, Erfahrungen teilt und somit der Langweiligkeit und Einsamkeit der Routine von Programmen entgeht, ist eine Herausforderung der Kunst an die Computerwissenschaften und bewegt sich im Antagonismus von Kreativität und Kalkül.
Die Informatik geht aus vom Ewigen Leben der Algorithmen und ihrer Zeichen und Regeln. Die Träume der Unsterblichkeit wie sie im heutigen Digitalismus der Forschungen und Spekulationen des Künstlichen Lebens erscheinen, sind konsequenter Ausdruck ihrer abstrakten semiotischen Verfasstheit.
Der Tod ist eine Seinsmöglichkeit..." heisst, dass das Sein von der Möglichkeit her gedacht wird. Möglichkeit heisst hier Er-Möglichung von Sein und Nichts. Das Ver_Enden ist nicht ein Attribut eines Seienden, sondern seine Ermöglichung.
Das Modell des General Problem-Solver, einer auf ein Ziel, die Problemlösung orientierten Strategie hilft zum Entwurf eines der Ver_Endung fähigen Systems nur wenig. Ein Lebensgang hat kein definierbares Ziel, das als Problem zu finden und zu lösen wäre. Dem Modell des GPS entspricht algorithmisch das Modell der Berechenbarkeit im Sinne der Turing-Maschine. Die Zeichenressourcen werden hier konzeptionell wie definitorisch als unendlich, d.h. nicht-endend gesetzt.
Das Modell des Permanenten Service Systems, der Persistenten Interaktion (Peter Wegner), wäre gewiss ein gewaltiger Schritt in Richtung einer konkreteren Programmierbarkeit. In ihm sind Lernprozesse, Reflektion, Wissen und MetaWissen, Interaktion und Kooperation konzipiert. Es wird beansprucht, dass das Konzept der Berechenbarkeit mächtiger ist als das der Turing-Maschine, da interaktive Datenströme aus der Umgebung in die Kalkulation mit einfliessen. Solche Systeme sind nicht auf ein Ziel, sondern auf Wege hin konzipiert. Global betrachtet ist es für das Modell der Persistenten Interaktion nicht wesentlich zu terminieren. Es gibt prinzipiell weder Anfang noch Ende. Das nun lernfähige und mit seiner Umgebung verbundene Computerspiel könnte also ewig weiter interagieren mit wem auch immer - das Subjekt, der Partner des Systems, bleibt gänzlich abstrakt und auswechselbar und ausserhalb der Interaktion definiert.
Das Modell der Ko-Kreation, ist schwer zu denken, da es jenseits des philosophischen Verständnisses von Endlichkeit und Unabschliessbarkeit, von Leben und Tod steht. Ist der GPS noch durch und durch abstrakt und allgemein definiert, ist das Interaktionsmodell eine Vermittlung von Abstraktheit der Algorithmen und Konkretheit und Besonderheit der einzelnen Interaktionen. Diese sind nicht Störungen des Systems, sondern Pertubationen, die das System mit seiner Umgebung verbinden. Der klassische Begriff des Algorithmus und insb. die Logik werden zwar vom Standpunkt eines Empirismus kritisiert, bleiben jedoch prinzipiell unangetastet. Das ko-kreative Modell wäre nicht nur ein System des gegenseitigen Lernens, es müsste bis in die Logik und Arithmetik hinein in der Begegnung zwischen Mensch und Maschine erst entstehen und vergehen können. Die Seins-Möglichkeit des Ver_Endens müsste in ihm realisiert sein. So dass den Regeln des Spiels ermöglicht würde in der Begegnung jeweils entstehen und vergehen zu können. Erst dann wäre eine Realisation des individuell Allgemeinen" als chiastischer Vermittlung von Abstraktheit und Konkretion möglich.
Paläonymien verführen dazu anzunehmen, dass in der Idee des Ver_Endens von Programmen anthropomorphe Modelle leitend wären. So wie Menschen sterben, müssten auch Programme sterben. Doch weder wissen wir was menschliches Leben ist, noch wissen wir wie Programme sterben könnten. Der Entwurf des Ver_Endens von Maschinen versteht sich als Rejektion anthropologischer Kategorien wie Leben (Artificial Live) und Tod. Vielmehr soll vom Entwurf der Idee des Ver_Endens von Programmsystemen her eine Einsicht in das Leben und Sterben des Menschen ermöglicht werden.
Dem Denken obliegt es, der trans-semiotischen und kenomischen Verfaßtheit Neuer Kunst als NaturNachAhmung, in stiller Gewaltsamkeit der Chiasmen, Horizonte heterarchischer Ermächtigung zu erdenken. Denkräume ohne Architektonik noch Logistik der Ermöglichung.
Die Neue Kunst als re-Präsentation, ist das InterFace, der Chiasmus von Schnitt und Naht jeglicher Stelle existentieller Raumung, im Zwischen, jenseits von Zeichen und Bezeichnetem trans-medialer Semiosis, in der Methexis der Zeitigung von Mensch und Welt im künftigen Zeitalter trans-digitaler kenomischer und polylogischer Technologien der Selbst-Inskriptionen als Heimat planetarischer Existenz extra-terrestrischer Kooperationen.
Der Alphabetismus findet in seiner letztlichen Digitalität und Linearität multimedial zu sich selbst und zu seinem Abschluß in der Objektivation seiner vermeintlichen Vernetzung. Im Wechselspiel von Ver-Schaltungen und Labyrinthen entgründen sich Hierarchien und Heterarchien zu Ver_Endungen von Kunst und Maschine als Inskriptionen zur Ermöglichung einer nach-schriftlichen Epoche des Welt-Spiels.