Einstieg: Semiotik und Kenogrammatik
Warum sollten wir mit dem Einfachen und Einfachsten beginnen (müssen) und dann Schritt für Schritt zum Komplexen aufsteigen und immer wieder erfahren müssen, dass dieses Komplexe jeder Zeit, wenn auch nicht immer leicht, reduzierbar ist auf das Einfache und Allereinfachste mit dem wir unseren Anfang gemacht haben?
Der Weg des Einfachen, konzipiert von Leibniz und vollendet mit Gödel, basiert auf der Evidenz garantierenden Identität der Zeichen des Kalküls in der Wahrnehmung.
Ich schlage vor, direkt mit dem Komplexen anzufangen. Dieses impliziert eine Entscheidung für das Denken und grenzt sich ab grundsätzlich vom Primat der Wahrnehmung als Evidenz leistender Basis. Das Denken und nicht die Wahrnehmung soll leitend sein.
Unser Anfang ist daher nicht nur unanschaulich, er widerspricht auch allen Regeln der in der Anschauung begründeten Identität und ihrer Logik. Ich beginne auch nicht mit dem Chaos oder sonst einer Unordnung.
Am Anfang ist weder das Sein noch das Nichts. Es gibt somit auch keinen Anfang mit dem anzufangen wäre. Am Anfang ist weder Raum noch Zeit. Am Anfang ist nichts und dieses Nichts ist kein Anfang.
Es gibt somit auch keinen Ursprung als Anfang; es gibt Vielheiten des Anfang(en)s. Und Anfänge als Vielheiten; Vielheiten als Anfänge. Und weder das eine noch das andere. Und weder und noch oder noch nicht.
Als Ausgangsmaterial dient uns der Begriff des in (gleiche") Abschnitte, genannt Felder oder Kästchen, aufgeteilten Bandes. Das Band wird als zu jedem Zeitpunkt endlich, nach beiden Seiten hin unbeschränkt verlängerbar und gerichtet angenommen, so dass es zu jedem Bandfeld ein rechtes und ein linkes Nachbarfeld gibt.
Es wird vorausgesetzt, dass jedes Bandfeld sich in verschiedenen Zuständen befinden kann und dass diese Zustände vergleichbar sind, so dass wir hinsichtlich der Zustände zweier beliebiger Felder ohne irgendwelche Zwiespältigkeit entscheiden können, ob diese sich in den gleichen" oder in verschiedenen Zuständen befinden. Einer der möglichen Zustände der Felder heisst Anfangszustand. Die Felder, die sich in diesem Zustand befinden heissen leer. Die übrigen Zustände werden mit Buchstaben bezeichnet, die die entsprechenden Felder besetzen. Eine beliebige endliche Menge von Buchstaben heisst ein Alphabet." A.I.Malcev
Die lineare Folge von Kästchen zur Notation, Identifikation und Separation von Zeichen, sind nicht wiederum als Zeichen zu verstehen. Denn als Bedingungen der Möglichkeit von Zeichenvorkommnissen können sie nicht selbst wiederum Vorkommnisse von Zeichen sein. Da sie jedoch als Kästchen notiert werden, sind sie Zeichen und können dadurch nicht wiederum als Bedingung der Möglichkeit von Zeichenvorkommnissen fungieren. Die Kästchen sind somit genau dann Zeichen, wenn sie nicht Zeichen sind - und umgekehrt. Sie haben von allem Anfang an eine antinomische Struktur. Von dieser wird in der Semiotik und in der Theorie der Formalen Sprachen jedoch abgesehen, da das Interesse der durch sie ermöglichten Zeichenökonomie gilt, und nicht der transzentental-semiotischen Frage, nach der Problematik der Einschreibung der Bedingungen der Möglichkeit von Zeichen. Andererseits haben die Kästchen nicht einfach eine unschuldige didaktische Funktion. Ohne Kästchen, d.h. ohne eine Verortung der Zeichen, ist der Semiotik jeglicher Grund der Realisierung entzogen.
Warum also nicht gleich mit dem Unmöglichen, den antinomischen Objekten anfangen? Warum sich nicht auf der Ebene der "Kästchen", d.h. der paradoxalen Bedingungen der Möglichkeit von Zeichen bewegen, statt auf der Ebene der Zeichen, die sich als abgeleitete, als "Kristallisationen" prä-semiotischer Dynamiken ihrer Verortung erweisen?
Der Ort repräsentiert das eine Band der Kästchen in seiner Einheit.
Zur grundsätzlichen Paradoxie von Kästchen" und Zeichen addieren sich die weiteren Paradoxien der Grundlagen der Semiotik.
Die Abstraktion der Identifizierbarkeit ist die prä-semiotische Voraussetzung der Erkennbarkeit eines Zeichens. Um ein Zeichen als Zeichen wahrnehmen bzw. erkennen zu können, muss es separierbar sein. Es muss sich von seinem Hintergrund abheben können, muss sich von seiner Umgebung unterscheiden lassen. Damit jedoch ein Zeichen separierbar sein kann, muss es identifizierbar sein. Es muss als Zeichen identifierbar sein. D.h., es muss als Zeichen und nicht als Ansammlung von Kreidepulver erkannt sein.
Identifizierbarkeit und Separierbarkeit sind die Bedingungen der Möglichkeit von Zeichen. Beide bedingen sich jedoch gegenseitig und bilden damit eine zirkuläre Struktur. Zeichen sind zirkulär definiert, ihre Einführung ist antinomisch.
Dieser Zirkularität lässt sich nur entgehen, wenn ein allgemeiner Kontext als Vorwissen diesem Prozess zugeordnet wird. Wollte man jedoch dieses Vorwissen bzw. den Kontext der Identifikation und Separation selbst wiederum explizieren würde die Zirkularität erneut installiert.
Um ein Zeichen wiederholen zu können, muss es erkennbar, d.h. identifizierbar und separierbar sein. Iterierbarkeit setzt Erkennbarkeit voraus. Ein Zeichen ist jedoch nicht erkennbar, wenn es nicht auch wiederholbar ist. Die Abstraktionen der Identifizierbarkeit und Iterierbarkeit sehen von ihrer antinomischen Struktur ab und fundieren dadurch die Semiotik als eine widerspruchsfreie Theorie der Zeichenökonomie.
Ein einzelnes Zeichen auf einem Blatt Papier ist wegen seiner konkreten Existenz ein Zeichenvorkommnis. Damit zwei Vorkommnissse des gleichen Zeichens als gleich erkannt werden können, muss eine Abstraktion vollzogen werden. Das Zeichenvorkommnis ist ein Repräsentant seiner Zeichengestalt. All dies geschieht auf Grund von Konventionen und lässt sich nicht ohne Zirkularität semiotisch definieren.
5. Elementary signs are signs that we shall consider as not having parts. The content of this concept depends upon the conventions that are assumed. (...)
6. In simultanous consideration of any two elementary signs, we determine wheter they are the same or different. These concepts are also conditional.
7. The possibility of determining when two elementary signs are the same permits us, applying an abstraction of identification, to speak of two identical elementary signs or of one and the same elementary sign. On this basis, we introduce the concept of an abstract elementary sign, that is, of an elementary sign, considered up to identity.
Concrete elementary signs will be considered as representatives of the concorresponding abstract elementary sign. Two concrete elementary signs represent one and the same abstract elementary sign if and only if they are identical.
8. Lists of elementary signs are called alphabets. We shall call two alphabets equal if every elementary sign apparing in the first alphabet is identical with a certain elementary sign apparing in the second alphabet, and conversely. Alphabets considered up to equality will be called abstract alphabets." A. A. Markov
Aus der durch Konvention etablierten Idealität der Zeichenreihengestalten folgt, dass sich Zeichen in ihrem Gebrauch nicht verbrauchen können. Zeichen können nicht ver_enden.
Das Denken vollzieht sich im Medium des Zeichengebrauchs. Die Semiotik als formalisierte Theorie des rationalen Zeichengebrauchs kennt nur die abstrakte Verknüpfung (Konkatenation/Substitution) von vorgegebenen Zeichen eines (beliebigen, endlichen oder unendlichen) Zeichenrepertoires, das allerdings formal auf zwei Elemente (Atomzeichen und Leerzeichen) reduziert werden kann. Das Zeichen als Zeichengestalt trägt sich im Denken aufgrund der Trägerfunktion der Materialität des Zeichenereignisses. Die Differenz von Zeichengestalt und Zeichenvorkommnis kommt in der Semiotik selbst nicht zur Darstellung; sie ist ihre verdeckte Voraussetzung.
Die Zeichengestalt verbraucht sich nicht im Gebrauch ihres Ereignisses. Der Modus der Wiederholung des Zeichens ist abstrakt und gründet sich auf der Abwesenheit des Subjekts und der Annahme der Unendlichkeit der Ressourcen (Raum, Zeit, Materie)." Kaehr
11. Another abstraction, (...), is abstraction of potential realizability. This consists in departing from real limits of our constructive possibilities and beginning to discuss arbitrarily long abstract words as if they were constructible. Their realiszability is potential: their representatives could be practically realized if we had at our disposal sufficient time, space, and materials." A. A. Markov
Warum sich auf die Linie beschränken?
Als erster weiterer Schritt verlassen wir die Linie und gehen über zu einer planaren bzw. tabularen Struktur. Damit folge ich keiner Geometrie oder Topologie, die notwendigerweise vom Flächigen zum Körperlichen und zu n-dimensionalen Räumen sukzessieren muss.
Dass sich ein Kästchen an das andere fügen lässt, scheint unproblematisch zu sein, koinzidiert diese Ordnung doch mit der Linearität unserer Schreibökonomie. Vom Standort der Kästchen, die unabhängig von ihrer Belegung gedacht werden müssen, gibt es jedoch keine Notwendigkeit, sich auf die Linearform zu beschränken.
Jedes Kästchen erhält somit einen Vorgänger, einen Nachfolger und zwei Nachbarn. Damit ist auf der Ebene der Kästchen", d.h. auf der Ebene der Bedingungen der Möglichkeit" der Notation von Marken, Zeichen und Ziffern eine planare bzw. tabulare Struktur eingeführt.
Solche Konfigurationen, die als Bedingungen der Möglichkeit von Semiotik(en) fungieren, sollen (vorgreifend) Morphogramme genannt werden. Die Orte für sich betrachtet, aus denen die Morphogramme gebildet werden bzw. die durch die Morphogramme versammelt werden, sollen Kenogramme (kenos gr. = leer) genannt werden.
Die Grundgesetze der Kästchen" bzw. später der Kenogrammatik lassen sich in einem ersten Schritt als Verwerfung der Prinzipien der Semiotik verstehen. Also, es gilt nicht: das Prinzip der Atomizität, Linearität, Iterierbarkeit. Nach der Negation der Prinzipien im Sinne einer Umkehrung, findet eine Verschiebung der Begrifflichkeit statt, womit die Negation zur Rejektion wird.
So ist die Tabularität für das klassische System etwas Sekundäres und die Linearität das Primäre. Aufgrund dieser Negation und Verschiebung ist das Tabulare nun das Primäre und das Lineare das Sekundäre. Die Linearität wird zudem in neuer Form angenommen und vervielfacht: es gibt nicht eine und es gibt nicht keine, es gibt viele Linearitäten.
Ebensowenig wie einen Zeilenzwang, gibt es einen Grund, ein bestimmtes Kästchen endlos zu iterieren. Sowenig wie die Linearität aus der Semiotik zur Anordnung der Kästchen angenommen werden muss, so wenig greift das Prinzip der Iterierbarkeit für die Domäne der Kästchen.
Regeln der Wiederholung der Orte als Repräsentanten der Bänder für Kästchen, ergeben sich aus der Verwerfung der semiotischen Prinzipien.
Ein Ort lässt sich wiederholen als er selbst, dies ist seine Iteration.
Er lässt sich wiederholen als ein anderer, dies seine Akkretion.
Je nach der Struktur des Morphogramms sind seine iterativen und akkretiven Nachfolger bestimmt. Die Wiederholung ist frei von Redundanzen. Ein Nachfolger wiederholt entweder das Bestehende oder etwas Neues - sonst nichts, insofern ist der Wiederholungsprozess strukturell geschlossen. Auf diese Weise werden endliche baumartige bzw. tabulare Erzeugungsgraphen, die horizontal wie vertikal endlich sind, definiert. Die Notation der Zeichen ist gewiss Konvention.
Die tabulare Darstellung zeigt wie endliche Morphogrammsysteme als Systeme schrittweise horizontal wie vertikal anwachsen. Die Baumdarstellung betont mehr das schrittweise entstehen der einzelnen Morphogramme, bildet jedoch genauso je Schritt ein endliches System von Morphogrammen.
Semiotische Systeme sind im Gegensatz dazu abhängig von der Mächtigkeit ihres Zeichenrepertoires. Dies produziert nicht nur eine strukturell redundante Vielheit von Nachfolgern, sondern auch eine Vielheit isomorpher Bäume in Abhängigkeit von der Vielheit der Startzeichen. Etwas technischer formuliert, handelt es sich bei den Wörtern der Semiotik um Resultate eines freien Monoids über dem Grundalphabet. D. h. , jede mögliche Verkettung von Wörtern basierend auf dem Grundalphabet ist zugelassen. Die Anzahl der Wörter bestimmt sich als Potenz der Kardinalität des Alphabets (m) und der Länge der Wörter (n), also: mn. Dagegen wird die Anzahl der Morphogramme durch die Stirlingzahlen der 2. Art bestimmt.
Ausgehend etwa vom Morphogramm (abbca) lassen sich durch emanative Ausdifferenzierung und durch Reduktion die Morphogramme (abcca) und (abbba) bilden. Durch evolutive Wiederholung lässt sich das Morphogramm (abbcad) bilden. Das Morphogramm (abbca) ist durch einen evolutiven Schritt von (abbc) generiert. Das Morphogramm (abbca) hat somit Vorgänger, Nachfolger und Nachbarn als Umgebung. Morphogramme sind, da sie nicht dem Prinzip der potentiellen Iterierbarkeit unterstehen, in einem neuen Sinne endlich. Morphogramme als Inskriptionen von Gestalten (morphe).
Bei der Zerlegung in Monomorphien ist zu beachten, dass diese die Morphogramme nicht in Atomfiguren, sondern in Gestalten separiert. So ist z.B. das Morphogramm (aaa) nicht zerlegbar, da es eine einzelne Gestalt darstellt, während (abb) in (a) und (bb) zerlegt werden kann. Auch ist zu beachten, dass die Zerlegung von z.B. (aba) in zwei äquivalente Formen geschieht: (ab)(a) eq (a)(ba). All dies hat weitgehende Konsequenzen für die Definition der kenogrammatischen Äquivalenz.
Zwischen dem Aufbaugraph und der Zerlegungsgraph besteht eine gewisse Asymmetrie. Da sich ein Morphogramm einzig in seine Monomorphien (Schadach), und nicht in seine Atome, zerlegen lässt.
Als innerweltliche Realisierung dieser geistigen, d.h. denkenden Erfahrung einer rechnenden bzw. denkenden Leere. Gegen die Allmacht des Identitätsdenkens insb. in der Programmierung. Was auftaucht und wieder verschwindet sind nicht identifizierbare Objekte. Nicht bestimmbar als seiend oder nicht-seiend, nicht Vagheiten, fuzzy objects, keine Prozesse, keine noch so phantastischen Ambiguitäten, nicht einmal nichts, auch gar nichts...Diesen Raum der Leere, jenseits von Sein und Nichts, Subjekt und Objekt, Form und Inhalt, erfahren wir als einen Ort, der Sein und Nichts verortet. Es gibt, in einem jede Seinshaftigkeit verlassenden Sinn, in einem Sinn ohne Sinnbezirk, eine Vielheit von Orten, auch nicht eine Vielheit, sondern Vielheiten der Orte, nicht als Plätze für etwas, sondern als Leere ohne Ortschaft.
Im Ort des Erlebnisses kommt die Beziehung des Gegenüberstehens von Form und Materie zustande. In diesem sich in sich selbst unendlich Spiegelnden - das sich selbstgegenüber das Nichts bleibt und unendliches Sein in sich enthält - als dem wahren Ich (jiko), kommt auch das Gegenüberstehen von Subjekt und Objekt zustande. Dieses kann weder identisch (do) noch verschieden (i) genannt werden. Es ist weder Sein (u) noch Nichts (mu). Es ist nicht durch eine logische Form zu bestimmen, sondern umgekehrt gerade der Ort, der selbst logische Form zustande kommen lässt."
Der wahre Ort des Nichts übersteigt in jedem Sinne den Gegensatz von Sein und Nichts und läßt Sein und Nichts in seinem Inneren entstehen." Ort, 1926, p. 80/81. aus: Kitaro Nishida, Logik des Ortes. (Hrsg) Rolf Elberfeld, Darmstadt 1999
Generell gesprochen: eine Aussage, die Subjektivität einschließt, hat einen differenten logischen Wert, je nachdem sie von Ich oder vom Du gemacht wird. Für naturwissenschaftliche Aussagen, die Subjektivität, thematisch wenigstens, ausschließen, trifft das nicht zu." Gotthard Günther
s.a. Kompass, Abriss der Formkonzeption im Werke Günthers.
Schreiben, nachdem wir die Schrift verlassen haben. Worüber man nicht sprechen kann, muss man schreiben.
Beschreiben dessen was wir geschrieben haben. Das Beschreiben ist wesensnotwendig, da wir uns nicht auf die Wahrnehmung verlassen können. Lesen ist nicht einfach Wahrnehmung von Buchstaben, sondern deren Deutung.
Dies gilt in einfacherer Weise auch für fast jede mathematische Einschreibung. Hier gilt dies fundamental und programmatisch. Die notwendige Notation ist nicht zur Selbstevidenz zu bringen, sondern muss interpretiert, gedeutet, beschrieben werden. Da sie nicht wahrgenommen werden kann, muss sie gedacht werden. Damit wird der Denkende mit in die Bewegung des Denkens eingeschrieben. Die Distanz des Wahrnehmenden seiner Welt gegenüber verwandelt sich in die Einschreibung des Subjekts in der Erschreibung seiner selbst.
Obwohl Orte ununterscheidbar sind im Sinne einer Ontologie oder Logik, da ihnen jegliche ontologische oder logische Bestimmung fehlt, gibt es nicht einen und nur einen Ort, der alles versammelt, sondern es eröffnet sich eine Vielheit von unterschiedlichen Orten, deren Unterschiedenheit jedoch nichts mit einem Akt des Unterscheidens im Sinne einer Logik oder eines Unterscheidungskalküls gemein haben.
Durch diese Unbestimmtheit der Orte bzgl. Identität und Diversität können Orte Ortschaft sein für eine Vielheit semiotischer Prozesse. Ein semiotischer Prozess ist ein Zeichenprozess und Zeichen sind Zeichen für Etwas, ob nun ideell oder reell, für jemanden, ob nun menschlich oder machinal und vollziehen sich im Modus der Identität, auch wenn sie polysemisch, vage oder ambig, oder auch fraktal, fuzzy, dynamisch oder virtuell, verfasst sein mögen.
Orte können belegt werden mit verschiedenen semiotischen Ereignissen. Diese können durch Graphen repräsentiert werden für die die klassischen Definitionen von Zeitfolgen, Raumstrukturen usw. gelten.
Jeder Ort ist Ort für verschiedene Ereignisse, die in ihrer je eigenen Zeit verlaufen; je ihre eigene Zeit im Verlauf ihres Verlaufens zeitigen.
Ereignisfolgen und damit Zeitstrukturen sind definiert durch eine jeweilige Interpretation der Ereignisfolgen und können nicht als objektiv und interpretationsunabhängig postuliert werden. Eine solche Postulierung würde automatisch in Konflikt geraten mit den anderen möglichen Postulierungen, die durch die erstere ausgeschlossen werden müssen und die jedoch alle zugleich ihre Gültigkeit haben.
Auf Basis dieser graphentheoretischen Darstellung der Computations als Events und ihren Grundgesetzlichkeiten und weiteren Spezifikationen zu verschiedenen Models of Computation (Leonid Levin), lässt sich leicht eine dekonstruktive Anknüpfung an die Kenogrammatik und Einführung der sich entfaltenden Kenogrammatik finden.
Kenomische Disremptionen (Wiederholungen) sind Orte erzeugende Übergänge. Im Gegensatz dazu sind Events intra-kontexturale Ereignisse in einem Raum mit vorgegebener Struktur vollzogen am Zeichenmaterial. Kenomische Übergänge sind in ihrer Prozessualität noch völlig frei von einer Unterscheidung in verschiedene Formen des Unterwegsseins". Sie haben kein Zeichenmaterial das prozessiert werden könnte.
What Turing did was to show that calculation can be broken down into the iteration (controlled by a ´program´) of extremely simple concrete operations; ..." Gandy, in: Herken, p. 101
Und bei Konrad Zuse heisst es: "Rechnen heisst: Aus gegebenen Angaben nach einer Vorschrift neue Angaben bilden."
Konsequenterweise erscheint Berechenbarkeit bei Yuri Gurevich als Übergang von einer Konstellation von Zuständen M zu einer anderen Konstellation von Zuständen M: "A computation of R consists of a finite or infinite sequence of states M0...Mn..., such that for each a 0 Mn arises from Mn-1 by one application of some rule in R." Bzw. kurz: "IF b, THEN U1 .....Uk".
Computations gehören in einem sehr allgemeinen Sinne zur Kategorie der Wiederholung (Iteration, Übergang, mapping, transition, process, event). In diesem Sinne sind kenomische Diremptionen als Wiederholungen Computations in einem äusserst fundamentalen Sinne, insofern sie sowohl iterativ wie akkretiv und prä-semiotisch eingeführt sind.
Kenomische Wiederholungen als Orte erzeugende Übergänge sind prä-temporal eingeführt und setzen noch keine Entscheidung für eine Zeitstruktur bzw. Modalität der Zeit voraus.
Wegen ihrer Doppelbestimmung von Wiederholung und Einbettung (Nachbarn, Differenzierung) übersteigen sie jegliche rein sukzessierende, induktive bzw. rekurrierende (Skolem) Bestimmung und sind nicht in der Metapher des Baumes oder der Linie zur Bestimmung zu bringen und im Phantasma des Netzes zu fangen.
Die Kategorientheorie ermöglicht es nicht nur die Struktur und Relationalität eines Gebildes zu thematisieren, sondern eröffnet auch die Möglichkeit einer Thematisierung der Prozessualität ihrer Operatoren. Die Kategorientheorie, als eine der abstraktesten und doch konstruktiven mathematischen Theorien, basiert, wie bekannt, auf dem Dualismus von Objekten und Morphismen mit der dualen Fokussierung entweder auf die Objekte oder auf die Morphismen. Bezeichnend ist, dass nicht beide Standpunkte zugleich eingenommen werden können. Wird gefragt, warum dies nicht möglich ist, dann gibt die Kategorientheorie nach meiner Ansicht keine Antwort. Beides könnte zugleich gelten, wenn da nicht noch was anderes wäre. Die Logik. Sie verbietet auch der Kategorientheorie eine solche überdeterminierte Lektüre.
Ein Ziel der Fokussierung sind die Objekte und ihre Strukturen:
Für jede mathematische Theorie definiert man sich zunächst Objekte und dann zur Beschreibung dieser Objekte i.a. zulässige Abbildungen, die man Morphismen nennt. Dieses Vorgehen wird durch den Begriff der Kategorie exakt erfasst."
Definition: Eine Kategorie C besteht aus
(1) einer Klasse /C/ von Objekten, die mit A, B, C, ... bezeichnet werden." Gerhard Preuss
Ein anderes Ziel sind die Morphismen:
It is part of this guidline that in order to understand a structure, it is necessary to understand the morphisms that preserve it. Indeed, category theorists have argued that morphisms are more importand than objects, because they reveal what the structure really is. Moreover, the category concept can be defined using only morphisms. Perhaps the bias of modern Western languages and cultures towards objects rather than relationships accounts for this." Joseph Goguen
Eine weitere Fokussierung auf die Morphismen führt zu den Funktoren als Morphismen zwischen Kategorien. Mit ihrer Hilfe lässt sich nun das Gebäude der Kategorientheorie konstruieren. Die neue Dichotomie ist offensichtlich nun die zwischen Kategorien und Funktoren.
Es lässt sich eine weitere und wohl gänzlich andere Radikalisierung der Fokussierung" auf Morphismen und der Betonung des Prozessualen im Gegensatz zum Strukturalen und Objektionalen denken, die zur Idee der Kenogrammatik als einer Theorie von Leerstrukturen führt, die die Strukturation als Prozessualität einzuschreiben vermag. Prozessualität hat hier nichts mit einer Bewegung von Objekten von einem Anfangs- zu einem Zielpunkt zu tun wie sie etwa in einer Prozesslogik beschrieben wird. Denn diese auf den Reflexionprozess, auf das Denken des Denkens bezogene Prozessualität ist lokalisiert jenseits der Unterscheidung von Form und Materie, sie betrifft die Form der Form, d.h. die Formation der Form bzw. die Reflexionsform.
Auf dieser Basis der Thematisierung des rein Funktionalen, Funktoriellen bzw. der Morphismen als Prozessualität bzw. genauer als Ereignis, sind die kenogrammatischen Ver-Operatoren der Verknüpfung, Verschmelzung, Verkettung und Verschiebung, Verkehrung usw. von Morphogrammen so definierbar, dass dies unabhängig von jeglicher Identitätsfixierung semiotischer Art geschehen kann.
Das Novum der Kenogrammatik gegenüber der Semiotik besteht darin, daß die transzendentalen Voraussetzungen der Semiotik, d.h. die kognitiven Prozesse der Abstraktionen der Identifizierbarkeit und der Iterierbarkeit, also die Bedingungen ihrer Möglichkeit in einen innerweltlichen, d.h. konkret-operativen Zusammenhang gebracht werden. Der Prozeß der Abstraktion soll vom Mentalen, wo er als Voraussetzung der Semiotik fungiert, ins Reale des Inner-weltlichen konkretisiert werden, ohne dabei zum Faktum brutum zu gerinnen. Dies ist der operative Sinn des Einschreibens des Prozesses der Semiosis".
Eine äusserst abstrakte Kennzeichnung des Logischen und Operativen gibt die Kombinatorische Logik. Eines ihrer radikalsten Konstrukte ist der Y-Operator, der logisch betrachtet durch und durch antinomisch bzw. paradoxal definiert ist. Die Paradoxalität der Kenogrammatik sollte einsichtig geworden sein. Der Grundbegriff der Kenogrammatik ist die Disremption (Wiederholung), ausdifferenziert in die Akkretion und die Iteration. Es ist nun ein Versuch wert, die Kenogrammatik als Disremption von Y-Operatoren einzuführen. D.h., der Y-Kombinator wird in seiner radikalen Paradoxalität über verschiedene Loci disseminiert. Je Locus gelten die üblichen Kombinatoren, zwischen den Loci gelten die genuin polykontexturalen Operatoren der Interaktionen. Ebenso lässt sich die Zirkularität des Y-Kombinators durch den Chiasmus der Proemialität auffangen.
Der Zusammenhang von Zirkularität, Proemialität und Kenogrammatik ist von Günther in "Cognition and Volition" (1970) hergestellt und als Basis seiner "Cybernetic Theory of Subjectivity" eingeführt worden.
Im Gegensatz zur Rekursion hat der Y-Kombinator weder ein initiales noch ein terminales Objekt. D.h., er hat keinen Rekursionsanfang und auch kein Rekursionsende als Resultat der rekursiven Berechnung. Insofern erfüllt der Y-Kombinator die Eigenschaft der Zirkularität. Damit ist er auch als nicht-finites Konstrukt charakterisiert.
In der Kenogrammatik sind die Kenogramme basal. Auch wenn sie durch Diremption generiert sind, ist die strikte Dichotomie von Operator und Operand, Diremption und Kenogramm, aufgehoben. Der Y-Kombinator als Operator einer Kombinatorischen Logik ist jedoch ein abgeleiteter. Er lässt sich durch andere nicht paradoxale Kombinatoren definieren ohne damit in Konflikt mit der Konsistenz des Systems zu geraten. Ebenso lassen sich vom Y-Kombinator verschiedene paradoxale Kombinatoren konstruieren. (Entsprechendes gilt für die anderswo zelebrierte Re-Entry-Funktion.) Etwas anderes ist es, dass die unrestringierte Konzeption der kombinatorischen Logik im Gegensatz etwa zur semantisch fundierten Logik als solcher in sich paradoxal entworfen ist. Die Paradoxalität des Y-Kombinators ist auch radikaler gefasst als die Widersprüchlichkeit in der Parakonsistenten Logik.
Die Sprechweise der paradoxalen Verfasstheit der Kenogrammatik erhält damit eine weitere Explikation.
Die Theorie der Kenogrammatik lässt sich nicht in einer unitären Begriffsbildung leisten, sie verlangt eine nicht unifizerbare komplementäre, gegensätzliche und gegenläufige Konzeptualisierung. Die Einführung der Kenogrammatik kann nur in einer solchen dekonstruktiven Arbeit geleistet werden. Ich setze hier im technischen Sinne auf die Gegenläufigkeit konstruktionistischer algebraischer und interaktionistischer ko-algebraischer Begriffsbildungen und Strategien als Ausgangspunkt der Verwerfung der methodischen Dichotomien und des Entwurfs der Kenogrammatik. Eine Einführung der Kenogrammatik siedelt sich an in dem fragilen Zwischenbereich von strukturalen und prozessualen Inskriptionen.
Die Struktur der denkenden Leere" muss sich grundsätzlich von der Struktur der rechnenden Räume unterscheiden lassen, kommt ihr doch die Aufgabe zu, letztere über eine Vielheit von Orten zu disseminieren. Diese Orte als leere Ortschaften können nicht wiederum einen rechnenden Raum mit seinen identiven Elementen darstellen. Sie sind das Verteilungsnetz rechnender Räume, erzeugen ein Gewebe solcher Räume und lassen sich nicht selbst wiederum auf einen rechnenden Raum reduzieren.
Die aufbauende Denkweise wie sie allgemein in der Algebra leitend ist, basiert auf einem initialen Objekt als Ausgangspunkt der Konstruktionen. Von hieraus wird Schicht um Schicht mithilfe von Konstruktoren die Tektonik des Formalismus aufgebaut. Invers lassen sich durch Destruktoren die konstruierten Gebilde wieder abbauen. Die Algebra bildet damit ein fundiertes formales System. Umgekehrt geht die Koalgebra von einem finalen Objekt aus und bestimmt ihre Objekte durch Dekonstruktoren. Sie bildet damit ein System, das nicht auf einer fundierten Basis bzw. einem fundierten Mengensystem aufruht, sondern auf die Negation des Fundierungsaxioms der Mengenlehre setzt und damit bodenlose, d.h. unfundierte Mengen in ihrer Konstruktion und Konzeptualisierung zulässt und aufnimmt.
Beiden grundsätzlichen Positionen gemeinsam ist die Einheit der Begriffsbildung: dem einen initialen Objekt entspricht dual das eine finale Objekt, der einen Fundiertheit entspricht die eine Unfundiertheit der Mengenbildung. Die Aussage Coinduction reverses the direction of iteration of an associated inductive process and replaces initiality with finality." (P. Wegner) zeigt exemplarisch den dualen Charakter des neuen Paradigma. Doch gerade diese Insistenz auf die Dualität ist äusserst missverständlich, wenn nicht der Kontext ihrer Formulierung und der (stillschweigende) radikale Kontextwechsel, der dann wiederum in völlig anderem Zusammenhang emphatisch strapaziert wird, mitreflektiert wird.
In der Semiotik ist das Zeichenrepertoire das initiale Objekt und die Verknüpfungsoperation, die Konkatenation oder dual dazu die Substitution, der konstruktive Operator, der Konstruktor. In diesem Sinne hat die Semiotik eine algebraische Struktur, ist also vom aufbauenden Typ. Man spricht daher in der mathematischen Grundlagenforschung von einem semiotischen Quadrupel mit der Menge der Zeichengestalten, der Atomgestalten, der Leergestalt und der Verkettungsoperation. Das semiotische Quadrupel ist eine freie Halbgruppe mit Einheitselement. (Asser, 1965)
Bei genauerer Betrachtung der Situation zeigen sich zwei Tendenzen. Einmal soll die Begrifflichkeit im klassischen Rahmen der Mathematik beheimatet bleiben und es wird daher auf eine weitgehend unverfängliche Dualität gesetzt. Anderseits wird ein anderes Interesse ins Spiel gebracht, das auf einer nicht mehr klassischen Intuition basierend, die Verschiebung des Denkens in eine neue nicht mehr von der klassischen Idee der Berechenbarkeit beherrschte Sphäre betont (Peter Wegner).
Auf Asymmetrien und Verschiebungen zwischen den beiden Thematisierungsweisen, die aus einer einfachen Dualität hinausweisen, hat auch Peter Gumm in seiner Arbeit Elements of the General Theory of Coalgebras" hingewiesen.
But the theory is not just a simple minded dual to universal algebra. Structures such as e.g. bisimulations, that don't have a classical counterpart in universal algebra, but that are well known from computer science, figure prominently in the new theory." Peter Gumm (s. auch: Universelle Coalgebra, in: Th. Ihringer: Universelle Algebra, Heldermann Verlag, Berlin 2003.
Als Observatoren, Separatoren bzw. Selektoren der Kenogrammatik lassen sich die Operationen der Verkettung Vk, Verknüpfung Vn, Verschmelzung Vs definieren. Die Dekonstruktion zerlegt die kenomischen Komplexionen in ihre Monomorphismen.
Einerseits lassen sich Kenogrammsequenzen rekursiv konstruieren, wenn auch nur in Analogie zu semiotischen Systemen, fehlt ihnen doch ein echtes initiales Objekt. Sie haben somit eine Objekt-Struktur. Andererseits sind komplementär zur rekursiven Konstruktion, Kenogrammkomplexionen nicht als vorfindliche Objekte zu verstehen. Sie sind verdeckt und lassen sich nicht direkt beschreiben, bzw. charakterisieren.
Es gibt, genau betrachtet, kein Anfangskenogramm für einen induktiven bzw. rekursiven Aufbau der Kenogramm-Komplexionen. Die Kenogrammsequenzen sind somit als solche nicht in einer Wortalgebra beschreibbar. Bisdahin wurde in der Literatur zur Kenogrammatik das Problem des fehlenden Anfangskenogramms zum rekursiven Aufbau der Kenogrammsequenzen bewusst mehr oder weniger trickreich zu Gunsten einer Konstruktion ausgeklammert.
Eine positive Lösung des Anfangsproblems könnte darin liegen, einen behavioral viewpoint einzunehmen und mit dem Konzept der Co-Induktion zu arbeiten. Eine Methode für die Formalisierung könnte sein, ausgewogen zwischen Konstruktion und Dekonstruktion, zwischen streng finaler und streng terminaler Ausrichtung einzusetzen. Ein weiterer Schritte müsste dann allerdings darin bestehen, diesen Gegensatz als solchen zu verwerfen und ihn als monokontextural zu identifizieren, zu dekonstruieren und entsprechend neue Formalismen zu entwickeln.
In der Kenogrammatik gibt es weder Anfang noch Ende, weder initiales noch terminales Objekt. Die Kenogrammatik hat immer schon angefangen und hat sich in keinem Ende je schon erfüllt. Die Kenogrammatik kennt weder Anfang noch Ende, sie gibt Anlass zu Anfängen und Einlass zu Enden.
Der algebraische Aufbau der Kenogrammatik behandelt diese als eine spezielle Wortalgebra mithilfe von Konstruktoren. Es werden die Konstruktoren der Verkettung, der Verknüpfung und der Verschmelzung retro-grad-rekursiv definiert. Entsprechend wird dann die kg-Äquivalenz mit hilfe dieser Konstruktoren eingeführt. Dabei wird jedoch eine Schrittzahl angenommen, die die Länge von Kenogrammsequenzen misst. Minimalbedingung der kg-Äquivalenz ist nun gezwungenermassen die numerische Gleichheit der Länge der Kenogrammsequenzen. Dies ist jedoch im Widerspruch zum Anspruch der Kenogrammatik jenseits der klassischen Semiotik und Algorithmentheorie definiert zu sein. Nichtsdestotrotz sind unter dieser wortalgebraischen Betrachtungsweise interessante Ergebnisse erzielt worden. Das Problem dieses Zuganges ist, dass es schwerfällt, Anfangsbedingungen, Anfänge, etwa als Startalphabet zu definieren. Denn alle Kenogramme der Länge 1 sind kenogrammatisch gleich. Das Paradox, das hier entsteht ist, dass in der Kenogrammatik nicht mit dem bzw. einem Anfang angefangen werden kann, sondern dass jeder Anfang immer schon als ein abgeleiteter verstanden werden muss. Auch das Geviert des Anfangs ist nur in seiner Dekonstruktion in seiner Anfänglichkeit zu halten. Denn auch dieser Anfang ist zugleich ein Ungrund und fundiert Orte als Ab-Orte.
Als die zur Wortalgebra duale Zugangsweise erweist sich die Ko-Algebra mit ihren Dekonstruktoren und ihrem Konzept der Bisimulation. Hier wird davon ausgegangen, dass die Kenogramme immer schon, wenn auch letztlich unerkennbar, fungieren. Durch gezielte Interaktionen werden diese verborgenen Strukturen befragt und die Erkenntnisse über die Kenogramme zeigen sich in ihren Antworten. Dies führt zu einer interaktiven Bestimmung kenomischer Objekte. Statt einen Rekursionsanfang zu setzen, werden einfachste Kenogrammkomplexionen durch Befragung erzeugt.
Lassen sich Objekte, seien sie nun semiotisch identisch oder divers, nicht in ihre Teile, d.h. Monomorphien, dekomponieren, dann sind sie monadisch.
Es handelt sich dann um Monaden, die als Resultat einer Interaktion, einer Befragung gebildet wurden. Die Interaktion erzeugt eine Äquivalenzrelation zwischen den Objekten. Es wird damit nicht ein semiotischer Anfang gesetzt, jedoch ein anfängliches Befragen eingeführt. Dieses Vorgehen ist (vorerst) strikt dual zu dem konstruktionistischen Vorgehen der Wortalgebra. Die Operatoren werden daher nicht Konstruktoren, sondern Dekonstruktoren bzw. Destruktoren genannt. Zur weiteren Präzisierung und Dekonstruktion des Gedankengangs ist eine Anknüpfung an den ko-algebraischen Begriff der Bisimulation (behavioral equivalence) hilfreich.
By identifying two states with same external behavior, we get an extensional notion of equality, that can be captured by the following axiom:
Axiom 2.4. Two states are considered equal if they cannot be distinguished by (a combination of) observations.
To a user, again, the state may remain hidden, it is irrelevant, as long as the automaton implements the desired regular expression. Again, two states may be identified, if they behave the same way on the same input, which is to say, if they cannot be distinguished by any observation."
Eine weitere Eigenschaft, eine weitere Verhaltensweise der Monaden wird zugänglich, wenn befragt wird, wie sich Monaden miteinander verbinden. Obwohl es im Sinne der Kenogrammatik nur eine kenomische Monade gibt und geben kann, lässt sich eine, nun konstruktionistische Aussage, über die Verbindungsweisen von verschiedenen Monaden gleicher oder verschiedener Iterativität machen.
Monaden sind kenomisch, wenn sie sich iterativ oder akkretiv verbinden lassen. In dieser Hinsicht verbinden sich zwei Monaden im Modus der Wiederholung des Gleichen, also der Iteration oder aber im Modus der Wiederholung des Neuen, also der Akkretion. Semiotische Atome dagegen sind einzig konkatenativ im Rückgriff auf ein arbiträr vorgegebenes Alphabet zu verbinden, d.h. zu verketten. Für sie gilt die Wiederholungsform der Rekursion und Iteration.
Eine mehr interaktionistische Formulierung findet sich, wenn der konstruktionistische Prozess des Verbindens, verstanden wird als Diremption, d.h. als Herausbildung von Gleichem oder Verschiedenem aus sich selbst. Die Diremption (dirimieren, entzweien) als Unterschiede generierende Wiederholung unterscheidet sich klar von der Rekursion der Wortarithmetik, deren Wiederholungsprozess die Identität der Zeichen bewahrt.
Nach Hegel ist die Zahl [ist] eben die gänzlich ruhende, tote und gleichgültige Bestimmtheit, an welcher alle Bewegung und Beziehung erloschen ist, ..." Keno-Zahlen ermöglichen dagegen eine Vermittlung von Begriff und Zahl, von Bedeutung und Numerik, da sie in einem Bereich lokalisiert sind, der beiden gegenüber neutral ist. Keno-Zahlen basieren auf dem neuen Strukturkonzept des Kenogramms. Zum Mechanismus des Kenogramms" schreibt Günther Die Kenogrammatik ist nicht nur indifferent gegenüber dem Unterschied der [logischen, R.K.] Werte; sie ist genau so gleichgültig angesichts der Differenz von Sinnhaftem und Zählbarem." (Identität, S. 85)
Die wortarithmetischen Nachfolgeroperationen werden in Abhängigkeit des vorgegebenen Alphabets über das die Wortarithmetik definiert ist, gebildet.
Sei das Alphabet A={a, b, c}, dann sind die Nachfolgeoperationen Ni definiert als: Na(x)=xa, Nb(x)=xb, Nc(x)=xc.
D.h. unabhängig von der Struktur von x werden die Nachfolgeratome a, b, c aus dem vorgegebenen Alphabet A an das Wort x abstrakt, ohne Rückbezug angefügt. Die kenogrammatische Operation der Nachfolge dagegen wird nicht durch ein vorgegebenes Alphabet definiert, sondern geht aus von dem schon generierten Kenogramm hervor. Jede Operation auf Kenogrammen ist historisch" vermittelt. D.h. die Aufbaugeschichte der Kenogramm-Komplexionen räumt den Spielraum für weitere Operationen ein. Diese können nicht abstrakt-konkatenativ auf ein vorausgesetztes Zeichenrepertoire zurückgreifend definiert werden, sondern gelten einzig retro-grad rekursiv bezogen auf die Vorgeschichte des Operanden. Diese Bestimmung des Begriffs der Wiederholung als retro-grad rekursiv involviert vier neue Aspekte, die der Rekursion als rekurrierender Wiederholung, fremd sind: einen Begriff der Selbstbezüglichkeit, der Transparenz, des Gedächtnisses bzw. der Geschichte und einen Begriff der Evolution im Gegensatz zur abstrakten Konkatenation und Iteration.
Am Anfang sei irgend eine Monade, notiert als A, dann ist die Wiederholungsmöglichkeit bestimmt durch diesen Anfang: er kann als solcher wiederholt werden, also iterativ, als AA, oder es kann etwas Neues hinzugefügt werden, also akkretiv, als AB. Jede andere Figur, AC, AD, usw. wäre der Figur AB, d.h. der Akkretion von A, mit AB, äquivalent. Die Definition ist gänzlich von der Operation, Iteration bzw. Akkretion, und nicht von einem vorgegebenen Alphabet abhängig definiert.
Die Diremption D von KG: D(KG) erzeugt: AABA, AABB, AABC.
Anzahl der Wörter eines Wortbaumes ist die Potenz der Kardinalität des Alphabets. Die Anzahl des Keno-Baumes ist gegeben durch die Stirlingzahlen der 2. Art, also 1, 2, 5, 15, 52...
Die semiotische Fundamentaldifferenz von Type und Token. bzw. Zeichengestalt und Zeichenvorkommnis, ist in der Kenogrammatik hintergangen. M.a.W., die Kenogrammatik eröffnet die Möglichkeit der Inskription der sonst mental fundierten Operation der Unterscheidung von Type und Token der Semiotik.
Aufgrund der Identität der Objekte der Wortarithmetik lassen sich diese wie bekannt ohne Verlust durch Gödelisierung auf die Reihe der natürlichen Zahlen abbilden. D.h., die Wortarithmetik als Mehr-Nachfolger-Arithmetik lässt sich durch die Ein-Nachfolger-Arithmetik modellieren. Diese Aussage gilt auch für andere nicht auf der Wortarithmetik basierende Erweiterungen der Nachfolgeoperation wie etwa formuliert in einer mehrwertigen Mengenlehre (Klaua, Gottwald).
Die Kenogrammatik mit einigen ihrer grundlegenden Operatoren (Nachfolger, Addition, Multiplikation, Reflektor u.a.) wurden in Analogie zur Wortarithmetik in aller Ausführlichkeit in der Arbeit "Morphogrammatik 1992" (Mahler, Kaehr) entwickelt, formalisiert und in ML implementiert und ist weiterhin lauffähig auf dem NeXT Computer. Der Einschub dient der Verankerung der metaphorischen Schreibweise der SKIZZE in einem operativen Kalkül.
Die Implementierung kenogrammatischer Operationen in der Monographie Morphogrammatik dient(e) als Basis einer ersten Studie der formalen Gesetzlichkeiten der Kenogrammatik. Sie ist rein experimenteller Art und dient als Absprung von ihrem wortarithmetischen Erbe. Insofern ist sie exemplarisch. Die der Morphogrammatik zugrunde liegende Wortarithmetik hat eine algebraische Struktur und ist somit rein strukturell und aufbauend charakterisiert. Die Idee einer Co-Algebra mit all ihren Konsequenzen spielt hier noch keine Rolle. Diese wortarithmetische Zugangsweise zur Entfaltung der Kenogrammatik bringt den Vorteil einer Implementierbarkeit in einer Programmiersprache, hier ML (MetaLanguage), mit sich.
Eine erneute Implementierung hat sich mit der neuen Situation der Interpretation der Kenogrammatik als zwischen algebraischer und ko-algebraischer Methodologie situiert zu sein, konstruktiv auseinanderzusetzen.
Vom Standpunkt der Wortarithmetik, lässt sich diese Einführung der Kenogrammatik als ein Quotientensystem der Wortarithmetik verstehen. D.h., es lässt sich eine Abbildung von der Wortarithmetik in die Kenogrammatik definieren, die aus der Wortarithmetik genau die Objekte selektiert, die die Kenogrammatik charakterisieren.
Da nun zudem die mehr-nachfolger Wortarithmetik via Gödelisierung auf die Reihe der natürlichen Zahlen, also auf eine Wortarithmetik mit einem und nur einem Nachfolgeoperator abgebildet werden kann, lässt sich diese Eigenschaft der Reduktion auf die Kenogrammatik vererben.
Solche Reduktionskonstruktionen betreffen einzig die prinzipielle formale Ausdrucksmächtigkeit der Systeme und schliessen keineswegs aus, dass es gute Gründe gibt, diese reduzierbaren Systeme für sich zu untersuchen. Die Idee der Kenogrammatik, wie sie in dieser SKIZZE versucht wird, tendiert dadurch, dass sie eine weitere Dekonstruktion der Identität realisiert, aus diesem Konstrukt der Reduzierbarkeit auszubrechen.
In der strikten Interaktion mit Kenogrammen, werden keine neuen Objekte im Sinne einer Komplexitätssteigerung generiert. Die Befragung untersucht einzig das Verhalten bestehender Objekte, die nicht direkt, sondern nur indirekt zugänglich sind.
Werden bei der Befragung neue Objekte generiert, dann handelt es sich bei diesem Prozess nicht mehr um eine Interaktion, sondern um eine Ko-Kreation. Ko-Kreation deswegen, weil die Entstehung des Neuen nicht durch eine Innovation bzw. Konstruktion von aussen erzeugt wird, sondern nur entsteht in engster Kooperation mit den bestehenden Möglichkeiten, die jedoch durch die Befragung erst ermöglicht bzw. zugänglich gemacht werden, und nicht als vorgegebene verstanden werden können. Die Interaktion erweist sich somit als eine Ko-Kreation, die das Bestehende stabil hält. Stabilität wird auch als Persistenz in der Interaktion verstanden.
Bekanntlich ist der rechnende Raum (Zuse) stabil und wird nicht im Verlauf seiner eigenen Berechnungen umdefiniert und umstrukturiert. Der allgemeinste Rahmen eines Systems als eines rechnenden Raumes wird durch seine Startbedingungen in der Tektonik des Systems definiert und diese sind das Zeichenrepertoire, d.h. das Alphabet des Systems. Eine Tektonik besteht aus der Hierarchie von Alphabet, Regeln, Sätze.
D.h. Ein formales System wird vorgegeben durch sein Alphabet C={c1, c2, ..., cp} und eine endliche Gesamtheit von Schlussregeln P1, P2, ..., Ps." Malcev
Die Vorgegebenheit besagt nun, dass im Vollzug des Rechnens die Basis des Rechnens, das Alphabet, unangetastet bleibt. Auch ein Bootstrapping verbleibt in der Anfänglichkeit seines Alphabets. Selbstverständlich lassen sich auf der Basis des vorgegebenen Alphabets neue Zeichen definieren und zusätzlich, als abgeleitete, dem Zeichenrepertoire hinzufügen. Es lässt sich jedoch zeigen, dass ein Alphabet mit nur zwei atomaren Zeichen und dem Leerzeichen, ausreicht, um jedes formale System semiotisch fundieren zu können.
Man kann nun zeigen, dass man - wenn wenigstens zwei Atomelemente vorhanden sind - die Substitution auch explizit definieren kann, ja dass in diesem Fall überhaupt jede induktive Definition gleichwertig durch eine explizite ersetzt werden kann." Und weiter: ..., dass man die Semiotik jedes Kalküls mit höchstens abzählbar vielen Grundzeichen bereits im Rahmen einer freien Halbgruppe mit Einheitselement und zwei Atomelementen aufbauen kann." (Asser, S. 176, 1964)
Für die Definition eines eingeschränkten Kalküls, reduziert auf die Konkatenation, d.h. ohne explizite Definition der Substitution, reicht ein Alphabet mit zwei Elementen, einem Atomzeichen und dem Leerzeichen.
Damit ist der Rahmen aufgespannt für die immanent zwar evidente doch herausfordernde Aussage: Computing does not deal with the creation of notational systems." Makowsky, in: Herken, p. 457
Dieser Immanentismus formaler Systeme wird noch verstärkt durch die, für semiotisch fundierte Modelle des Berechenbaren selbstevidente semantische Aussage: Truth is invariant under change of notation." (Goguen), die zu den Spekulationen des Digitalismus führen(Fredkin).
Verbleibt die Iteration intra-kontextural als Wiederholung des Gleichen jeweils innerhalb einer jeweiligen Kontextur, so ist die Akkretion trans-kontextural als Generierung von Neuem zu verstehen.
Es lässt sich daher vorgreifend formulieren:
Akkretionen sind die kenogrammatischen Operationen der Kreation von Notationssystemen. Iteration ist der Prozess der Berechnung innerhalb von Notationssystemen.
Die obige Aussage lässt sich dahingehend präzisieren: Akkretionen sind die kenogrammatischen Operationen der Kreation des Ortes als Möglichkeit von Notationssystemen."
Die intra-kontexturale Wiederholung des Gleichen, d.h. die Wiederholung innerhalb einer jeweiligen Kontextur kann mit dem Begriff der Geschlossenheit in Verbindung gebraucht werden. Eine solche Geschlossenheit ist intra-kontextural offen, struktural jedoch geschlossen. Die Geschlossenheit einer Kontextur hat Hülleneigenschaften im Sinne der universellen Algebra und Logik.
Günthers Forderung nach einer Maschine, die den Spielraum ihrer eigenen Wahlmöglichkeiten generieren können soll, verlangt im formalen Modell die Kreation neuer notationaler Systeme, d.h. auf Programmebene neue nicht-reduzierbare Alphabete und auf Hardwareebene zumindest neue interne und externe Sensorsysteme (Cariani).
On the other hand, a machine, capable of genuine decision-making, would be a system gifted with the power of self-generation of choices, and the acting in a decisional manner upon its self-created alternatives. (...) A machine which has such a capacity could either accept or reject the total conceptual range within which a given input is logically and mathematically located." Günther, Decision Making Machines, 1970
Was heisst system gifted with the power of self-generation of choices, and the acting in a decisional manner upon its self-created alternatives" tranformiert auf die Thematik von System und Interaktion?
Novum als Selbstemergenz und Novum als Neusituierung durch Begegnung mit Anderem. Novum als Selbstemergenz lässt sich verstehen als emanative Ausdifferenzierung eines Systems, etwa dadurch, dass konfliktgenerierende Eigenschaften, Attribute, herausgelagert und zu Kontexturbestimmungen umdefiniert werden. Der Mechanismus, der dies regelt ist der Chiasmus zwischen Attribut bzw. Prädikat und Sorte bzw. Kontextur.
Novum als Neusituierung durch Begegnung mit Anderem geschieht dann, wenn das System nicht immanent an seine Grenzen stösst, sondern in der Interaktion mit seiner Umgebung seine Grenzen des Handelns erfährt und diese durch eine akkretive Strukturerweiterung seiner selbst zu bewältigen versucht. Dies kann jedoch nicht durch Emanation bzw. Ausdifferenzierung geschehen, sondern nur durch eine unberechenbare" akkretive, d.h. evolutive Entscheidung mit allen ihren Risiken.
Neues für das System und Neues des Systems ist geregelt durch das komplexe Wechselspiel emanativer und evolutiver Selbsttranszendierung. Ein System ist immer situiert in einem Zugleich beider Bewegungen, der emanativen und der evolutiven.
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