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"Kurt Klagenfurt"
Technologische Zivilisation und transklassiche Logik
Eine Einf�hrung in die Technikphilosophie Gotthard G�nthers
� Suhrkamp Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main, 1995

II
2. Kontextur und Reflexion

Gotthard G�nther sieht als Mindestvoraussetzung f�r die M�glichkeit der Vermittlung zwischen verschiedenen Kontexturen die Existenz von drei Kontexturen an. Das Verh�ltnis dieser drei Kontexturen untereinander wird durch drei Ordnungsrelationen, zwei Kongruenzrelationen und eine Umtauschrelation geregelt. -----> bezeichne eine Ordnungsrelation, arrows bezeichne eine Umtauschrelation, | bezeichne eine Kongruenzrelation. Dies sei am Beispiel des Verh�ltnisses zwischen internem und externem Beobachter erl�utert:

Schema (1,5k)
Die erste Kontextur (A) stellt die unterste Stufe des Denkens bzw. des Bewu�tseins dar: das noch nicht bewu�te, unmittelbare Denken des Seins, die sinnliche Gewi�heit, bei Hegel die Reflexion-in-anderes. Die zweite Kontextur (B) stellt die Reflexion der ersten Situation dar, die Reflexion der Wahrnehmung und des Denkens in der ersten Kontextur (Reflexion-in-sich.) Die dritte Kontextur (C) kehrt nun wieder zum ersten Objekt des Denkens zur�ck und reflektiert dieses, nun aber nicht mehr als unmittelbar gegebenes Objekt, sondern als bereits reflektiertes (Reflektion-in-sich-und-anderes).

Die klassische Logik kennt nur die Situation der ersten Kontextur: Ein Subjekt betrachtet ein Objekt. Selbst auf der Metaebene wird dieselbe Situation hergestellt, auch wenn das Subjekt jetzt der externe Beobachter ist und das Objekt der interne Beobachter. Im Grunde sind in der klassischen Logik uneingestanden �ber die Metaebenen unterschiedliche Kontexturen entstanden, nur werden diese nicht als solche gesehen, sondern als Notbehelf, mit dem eigentlich Zusammengeh�riges voneinander getrennt wird.

Der Beobachter ist als interner Beobachter Objekt einer anderen Beobachtung in einer anderen Kontextur. In der einen Kontextur ist der Beobachter Objekt, in der anderen Subjekt der Beobachtung. In einer einzigen, universellen Kontextur der klassischen Logik kann diese Differenz nicht festgehalten werden. Damit ist Reflexion in der klassischen Logik prinzipiell nicht thematisierbar. Daraus erw�chst die Forderung nach einer Erweiterung. Eine erweiterung der Logik mu� die M�glichkeit bieten, diese Situation selbst wieder zum Gegenstand der Reflexion zu machen. Sie mu� imstande sein, die Struktureigenschaften klassischer Logik zu reflektieren, das hei�t, die komplexe Struktur der Reflexion �ber ihr operationales Funktionieren innerhalb des Objektbereiches hinaus abzubilden.

Eine fundamentale Voraussetzung daf�r ist es, �ber die M�glichkeit der Unterscheidung und Vermittlung zwischen den Kontexturen zu verf�gen. Wenn man zwischen einer Reflexion des Seins und einer Reflexion der Reflexion unterscheiden will, sieht Gotthard G�nther die Notwendigkeit, eine umfassendere Form der Negation einzuf�hren. Faktisch wird in unserem Alltagsverhalten st�ndig dieser Wiese unterschieden und vermittelt: Jeder Akt bewu�ter und gezielter Planung und Manipulation setzt voraus, da� die Handelnden die Wirklichkeit und das Bild, das sie sich von der Wirklichkeit machen, auseinanderhalten k�nnen. Dar�ber hinaus mu� das t�tige Subjekt sich von beidem absetzen, vom dem Objekt des Handelns ebenso wie vom Proze� des Handelns und des Abbildens. Diese Differenzierung ist kennzeichnend f�r das abendl�ndische Denken und Handeln und keineswegs eine anthropologische Grundtatsache, auch wenn sie uns inzwischen so erscheint.

Sie kann aber in der klassischen abendl�ndischen Logik nicht dargestellt werden. Denn diese Logik beruht auf der ontologischen Annahme, hier stehe ein einsames Subjekt dem ganzen Universums gegen�ber und habe es zum Denkinhalt, zum Objekt. Der Begriff des Objekts ist dabei von unendlicher Allgemeinheit und l��t keine Differenzierung zu. Dies dr�ckt sich aus in der einzigen Form der Negation, die in dieser Logik m�glich ist, die zwischen Subjekt und Objekt: Alles was nicht Objekt ist, ist Subjekt, und alles was nicht Subjekt ist, ist Objekt. Das heiss�t, ein Denkgegenstand f�llt unter die gleiche Kategorie des Objekts wie der Denkproze� dieses Gegenstandes. Diese Negationsform ist eine Umtauschrelation. Das zeigt die doppelte Verneinung. Sie ver�ndert ihr Objekt nicht. Sie kommt zu dem unver�nderten Ausgangsobjekt zur�ck: non-(non-A) = A. Der Tatbestand, da� das Subjekt das Sein nicht nur im Denken wiederholt, sondern ein Bild konstruiert und die Welt ver�ndert, bedarf logisch einer anderen Negationsform. Es geht nicht darum, den positiven Wert mit umgekehrten Vorzeichen zu wiederholen, sondern um die Negation der gesamten Alternative zwischen dem positiven Wert und seiner Negation. Erst dadurch erfolgt eine logische Distanzierung von dem einfachen Proze� der Wiederholung. Die logische Reflexion erfolgt jetzt auf einer anderen Ebene und in einer anderen Kontextur.

Das Prinzip, sich aus einer dargebotenen Alternative zu l�sen, indem die beiden entgegengesetzten Werte als eine Einheit betrachtet und somit als Ganzes negiert werden, ist nicht neu, sondern ein Prinzip der Dialektik, auch wenn es bisher keine Formalisierung gefunden hat. Auf der h�heren Ebene, auf der diese Reflexion stattgefunden hat, k�nnen die alternativen Werte der tieferen Ebene der Reflexion wieder auftauchen, aber sie haben dann eine andere Bedeutung: Diese Form der Negation reproduziert die Denkgegenst�nde nicht, "wie sie sind", sondern ver�ndert sie, bringt Subjektivit�t als aktive und handelnde zum Ausdruck, eben als Subjektivit�t und nicht als Pseudoobjekt wie in der klassischen Logik. Die klassische Logik kann die T�tigkeit des Subjekts nicht beschreiben, weil der klassische Negationsoperator keine Differenzierung zwischen den abgebildeten Gegenst�nden und dem Proze� erlaubt.

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